Wie jedes Jahr schauen wir staunend auf die Umsatz-Rankings des deutschen Möbelhandels und wundern uns, wo das noch hingeht.
Update: Laut Möbelkultur-Sonderheft "Umsätze 2019" vereinen die Top 30 Spieler 22,69 Milliarden Euro Umsatz auf sich. Der Gesamtumsatz mit Möbeln betrug in 2019 laut Statista 34,2 Milliarden.
Die sogenannten Internet "Pure Player" arbeiten sich vor:
Wer auch immer gerade die Top 30 sind, die Nachricht ist immer die gleiche: Sie haben in einem fast stagnierenden Markt ihren Umsatzanteil ausgebaut. Das bedeutet bei fast 9.000 Möbelhändlern, dass die anderen 8.970 Mitspieler sich den jedes Jahr den kleiner gewordenen Rest des Kuchens aufteilen müssen.
Die Top 30 Möbelhändler stellen 0,3% der Marktteilnehmer dar, holen sich aber 66% des Umsatzes.
Sie haben also 200 Mal so viel Umsatz, als wenn alle 9.000 Möbelhändler gleich viel umsetzen würden.
Die große Frage ist: Wie weit geht der Konzentrationsprozess im Möbelhandel noch?
Nehmen Sie z.B. den Lebensmitteleinzelhandel. Dort haben die größten 30 Unternehmen 97% des Umsatzes. Trotzdem finden dort zehntausende von kleinen, spezialisierten Läden ihre Kunden und damit ihr Auskommen. Im Einzelhandel für Unterhaltungselektronik sieht es noch extremer aus. Die Mediamarkt-Saturn-Gruppe dominiert völlig den Markt. Trotzdem halten sich „kleine, gallische Dörfer“ durch Kundenorientierung, individuelle Beratung, Service und Freundlichkeit. Sie verkaufen identische Produkte, nur teurer. Und die Kunden haben ein besseres Gefühl dabei.
Wie kommt das? Der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung entsteht im Kopf des Kunden. Ein krasses Beispiel ist Wein. So lassen wir uns im Restaurant mit großem Vergnügen Weinflaschen für 30 Euro verkaufen, von denen wir wissen, dass sie bei Jacques Weindepot 5 Euro kosten und im Großhandel vermutlich 2,50 Euro.
Ein weiteres Phänomen ist, dass wir eine Flasche Wein in unserer Pizzeria um die Ecke mit 23 Euro teuer finden (und daher den Hauswein glasweise ordern, was in der Regel teuerer ist), während sie uns im 5 Sterne Hotel für 45 Euro recht günstig erscheint. An den Abend im 5 Sterne Hotel erinnern wir uns noch ewig. Den Mittwoch Abend in der Pizzeria vergessen wir sofort.
Dahinter stecken (mindestens) drei gut erforschte Effekte:
Ein und das selbe physische Produkt ist also nicht überall das gleiche Wert. Mit dieser Erkenntnis tut sich der Möbelhandel aber leider schwer. Alle fallen gleich vor Schreck in Ohnmacht, wenn es das Sofa XYZ bei der Konkurrenz hundert Euro billiger gibt. Wenn ich dagegen bei meinem Lieblingsitaliener reklamieren würde, dass seine vegetarische Pizza 4 Euro mehr kostet als bei der Konkurrenz schräg gegenüber, würde er mich im besten Fall komisch anschauen, im schlimmsten Fall rausschmeißen. Auf jeden Fall bekäme ich keine Entschuldigung und einen Gutschein für die Differenz.
Der Dienstleistungsanteil am Kaufpreis eines im stationären Einzelhandel gekauften Möbelstücks beträgt ca. 40%. Es wird Zeit, dass wir diese Dienstleistung auch so wahrnehmen und optimieren. Denn nur wenn der Handel es wahrnimmt, wird es auch der Konsument tun.
Die Dienstleistung eines Möbelhauses besteht (mindestens) aus
Hier reißt die Kette bei den meisten Möbelhändlern aber schon früh ab. Die Werbung ist absolut vergleichbar. Das Möbelhaus gebaut von der Firma Tute, der Innenausbau von Schleifenbaum oder einem seiner Klone. Die Ausstellung wurde mühsam um die Verbandszuteilungen herum optimiert.
Kurz: Alles ist so wie woanders auch. Dabei machen alle genannten Dienstleister, einschließlich der Einkaufsverbände, einen hervorragenden Job.
Die Aufgabe der Dienstleiter ist es, durch bekannte Rezepte Sicherheit für den Möbelhändler zu garantieren - nicht ein außergewöhnliches Einkaufserlebnis für den Kunden zu schaffen - dafür ist alleine der Unternehmer zuständig.
Sämtliche menschlichen Komponenten, wie das Auftreten der Verkäufer und anderer Mitarbeiter gegenüber dem Kunden, sind aber normalerweise völlig dem einzelnen Mitarbeiter überlassen und damit hochgradig personen- und tagesformabhängig.
Warum kommen eigentlich so wenige Möbelhändler darauf, die wichtigsten Punkte der Wertschöpfungskette, d.h.
Jeder Möbelhändler hat eine Idee, wie Kontakt „richtig“ geht.
Die meisten Unternehmer wissen sehr gut, was in ihrem Unternehmen anders gemacht wird als sie es wollen. Warum tolerieren sie es trotzdem?
Sie wissen einfach nicht, wie man Verhalten verändert. Daher verändern sie lieber die Werbung, die Ausstellung oder die Warenpräsentation. Das Problem bei dieser Strategie ist, dass das alle versuchen.
Nur die menschliche Komponente kann für die "nicht Top 30“ - Unternehmen darüber entscheiden, ob sie überleben. Und täuschen Sie sich nicht: Sie haben keine besseren Mitarbeiter als die anderen und können auch keine besseren anwerben. Sie müssen „normale“ Menschen durch hervorragende Führungsarbeit zu Stars machen.
Die Hotelkette Ritz-Carlton hat nicht bessere Mitarbeiter, sondern höhere Standards und bessere Prozesse als z.B. Novotel. Jeder der in der Automobilbranche arbeitet, kann bestätigen, dass bei Mercedes die Besprechungen mit Lieferanten besser organisiert sind und in einer wertschätzenderen Atmosphäre stattfinden als bei Opel.
Die Thomas Witt Consulting GmbH verkauft seit über 10 Jahren dem Möbelhandel nur eine Ware, nämlich bessere Prozesse und die Verhaltensänderung, die notwendig sind, um diese umzusetzen.
Wenn Sie wirklich etwas an Ihren Prozessen verändern wollen - und Prozesse sind, wenn Sie nicht zu den Top 30 gehören, alles, was Sie vom grauen Einerlei abhebt - dann sollten Sie mit uns reden!