Genau diese behämmerte These “Ich will auch nicht zu viel loben, sonst …” vertrat neulich bei unserer wöchentlichen Platin-Telefonkonferenz ein Kunde. Und der müsste es nach mittlerweile zwei Jahren Zusammenarbeit mit uns besser wissen.
Anerkennung ist eines der wichtigsten Motivationsinstrumente und wirkt psychologisch genauso gut oder besser wie Geld.
Meine entgeisterten Fragen, ob er sich in seinem gesamten Berufsleben schon einmal zu viel gelobt gefühlt hätte, ob ihm ein Chef schon mal durch zu häufige Anerkennung auf die Nerven gegangen sei, ob er jemanden kenne, dem das so gegangen sei, ob sich ein Mitarbeiter über zu viel Lob beschwert hätte - alle musste er verneinen.
Das Gerücht, dass zu viel Lob schadet, hält sich leider hartnäckig. Viele Menschen handeln nach dem Sprichwort “Nicht geschimpft ist genug gelobt” und demotivieren damit ihre Umwelt.
Was viele verwechseln ist konkrete Anerkennung einer Leistung oder Handlung (z.B. “Es hat mir gut gefallen, wie Sie das Kundenpaar eben mit der Kontaktskizze in die Bedarfsermittlung verwickelt haben.”) und Lobhudelei oder Schleimerei (“Sie sind irgendwie ein netter Kerl.”).
Das Letztere kann tatsächlich für innerem Widerstand beim Empfänger sorgen. Besonders wenn es mit der Absicht ausgesprochen wird, den Empfänger des Kompliments zu einer anderen, für ihn unerwünschten Tätigkeit zu manipulieren.
Daher hier noch einmal die wissenschaftlichen Vorteile von Anerkennung:
Es gibt also nur Vorteile beim Thema Anerkennung.
"Aber ich gebe ja schon genug Anerkennung!" sagen Sie jetzt vielleicht. Kann sein, ist aber unwahrscheinlich. Laut einer Studie der Meinungsforschungsorganisation GEVA leiden die Hälfte aller Arbeitnehmer unter zu wenig Anerkennung - mit gravierenden Folgen: Unter anderem lästert jeder deutsche Arbeitnehmer (die Studie ist repräsentativ) im Schnitt vier Stunden pro Woche (nein, ich habe mich nicht vertippt!) über seine Vorgesetzten.
Der "Sweet-Spot", d.h. das Idealverhältnis von Positivverstärkung durch Anerkennung zu Korrekturimpulsen, beträgt laut dem Psychologen Losada 3:1. D.h. auf drei mal Anerkennung folgt ein "...und wenn Sie beim nächsten Mal noch auf XYZ achten würden, bekämen Sie die Kunden noch leichter ins Gespräch.".
In unseren Durchsetzungsprogrammen ist einer der ersten Schritte, dass wir die Führungskräfte darauf trainieren, durch positive Verstärkung zu führen.
Daher war ich auch so geschockt, als der “Veteran” unseres Programmes - ein Top-Hausleiter - mit der These um die Ecke kam, man sollte nicht zu viel loben.
Vor lauter Schreck schrieb ich diesen Artikel. Dass Sie ihn bis hier gelesen haben zeigt, dass Sie ein Mensch sind, der an verantwortungsvoller und kooperativer Menschenführung interessiert sind.
Respekt!