Neue Wege im Rekruiting von Möbel- und Küchenverkäufern

Neue Wege im Rekruiting von Möbel- und Küchenverkäufern

Jeder Unternehmer hat die Mitarbeiter, die er verdient

Seit Jahren höre ich meine Kunden darüber meckern, dass sie nicht genügend gute Verkäufer bekämen. Ein Kunde von mir bezeichnete seine Verkäufer mal als “liegende, wiederkäuende Kühe”. Für den arbeite ich nicht mehr, da unsere Weltsicht zu weit auseinander liegt.

Auch wenn viele es weniger krass ausdrücken, so wird oft geklagt über Passivität im Kontakt, mangelndes Engagement, fehlende Abschlussstärke, zu wenig Freundlichkeit etc.

Jeder Unternehmer, der mit seinem Mitarbeitern nicht zufrieden ist, muss sich außerdem die Frage stellen lassen: “Welcher Idiot hat die eigentlich eingestellt?”

“Wir kriegen aber keine Besseren” greint die Branche.

So wie sie suchen, offensichtlich nicht!

Tun Sie etwas dagegen!

Es gibt nämlich eine Beraterweisheit:

“Wenn etwas nicht funktioniert – probiere was anderes!”

Einfach eine Anzeige zu schalten: “Top-Verkäufer mit langjähriger Berufserfahrung als Möbelfachberater, akquise- und abschlussstark etc. gesucht” funktioniert nicht.

Auch Anfragen nach solchen Menschen bei der Agentur für Arbeit bringen meistens wenig. Ist ja auch logisch: Gute Verkäufer können verkaufen, auch sich selber. Sie sind deswegen selten arbeitslos, meistens erfolgreich in ihrem Job und daher auch nicht besonders wechselwillig.

Ein weiteres Problem ist, dass die Kriterien, die an die Bewerbersuche und Auswahl angelegt werden, meistens nicht die sind, die einen tatsächlich erfolgreichen Verkäufer ausmachen. Wenn man Unternehmer fragt: “Welche Kenntnisse und Fähigkeiten sollte Ihr idealer Verkäufer denn haben?”, antworten diese meistens mit Verhaltenseigenschaften, wie z.B.

  • “kontaktstark”,
  • “redegewandt”,
  • “schlagfertig”,
  • “flexibel”,
  • “freundlich”,
  • “zugewandt”,
  • “selbstmotiviert”,
  • “zielorientiert” etc.

Das bedeutet, dass es wichtiger zu sein scheint, wie jemand an seine Aufgaben herangeht, als was er eigentlich für Fähigkeiten und Kenntnisse hat.

Wie wird aber in der Realität gesucht? Nach dem “Was”, den Fähigkeiten und Kenntnissen. “Erfahrung im Bereich xy. Beherrschung der Planungssoftware yz. Kenntnisse in … etc.” steht in den Stellenanzeigen. All das soll dokumentiert werden durch “aussagefähige Bewerbungsunterlagen”. Alles, was man durch Bewerbungsunterlagen testen kann, ist, ob der Bewerber die Regeln kennt und mit viel Phantasie und einem Fotokopierer seinen Lebenslauf unseren Wünschen anpasst.

Sie selektieren mit der Vorbedingung “schriftliche Bewerbungsunterlagen” nicht unbedingt die kontaktstärksten, sondern die ordentlichen und angepassten Typen. Das sind oft nicht die besten Verkäufer.

Auch der weitverbreitete Glauben von Personalverantwortlichen an gute Arbeitszeugnisse ist völlig unbegründet und das weiß auch jeder. Wenn man unfähige Mitarbeiter loswerden will, handelt der gegnerische Arbeitsrechtsanwalt immer ein “positiv qualifiziertes Arbeitszeugnis” aus. In der Realität schreibt diese Zeugnisse meistens der gegnerische Anwalt, da einem jeder Versuch, zukünftige Arbeitgeber vor dem Kandidaten zu warnen, vor dem Arbeitsgericht todsicher um die Ohren fliegt.

D.h. je besser und professioneller das Zeugnis, desto wahrscheinlicher, dass Sie Altlasten anderer Firmen übernehmen. Die Zeit für einen kurzen Anruf bei den vorigen zwei bis drei Arbeitgebern nimmt sich seltsamerweise kaum jemand.

Wie geht’s denn besser?

1. Suchen Sie kontaktstarke und motivierte Verkäufer dort, wo sie in rauhen Mengen anheuern, aber auch wieder verschlissen werden: in Allfinanz-Strukturvertrieben, Versicherungsvertrieben, im Direktvertrieb und im Multilevelmarketing (MLM). Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Diese Branchen sind, bis auf wenige Schwarze Schafe, völlig legitim, bilden Menschen gut aus und machen einige auch erfolgreich. Sie stellen aber auch extreme Anforderungen an Psyche, Selbstmotivation und Durchhaltewillen der Kandidaten. Einige wenige werden in diesen Organisationen extrem erfolgreich und das zieht viele erfolgsorientierte Menschen an. Nachdem sie dann tausende von Kaltkontakten angesprochen und hunderte von Verkaufspartys bestritten haben, haben viele einfach keine Lust mehr.

Ich rate meinen Kunden daher, in lokalen Zeitungen günstige Textanzeigen mit Titeln, wie: “Schnauze voll vom Direktvertrieb?”, “Haben Sie genug von MLM und wollen wieder mit vollen Sozialleistungen und geregelten Arbeitszeiten arbeiten?”, zu schalten.

Nennen Sie nicht Ihre Firma, sondern beschreiben Sie ihre Vorzüge: “Seit über 100 Jahren im XY-Kreis erfolgreiches, familiengeführtes Unternehmen etc.”. Wenn Sie schreiben, wer Sie sind, sortieren sich viele potenzielle Bewerber schon selber aus.

Beschreiben Sie aber genau, welche Verhaltenseigenschaften Sie suchen. Z.B. “Wir suchen extrem kontaktstarke, nette Menschen mit gnadenloser Serviceorientierung. Uns ist egal, was Sie gelernt oder bisher gemacht haben. Wenn Sie sich für unsere Kunden bedingungslos aufopfern und sie glücklich machen, passen Sie zu uns.”

2. Jetzt benutzen Sie einen Prozess, der genau die Verhaltenseigenschaften herausfiltert, die Sie schätzen, nämlich

  • Kontaktstärke,
  • Durchaltewissen und
  • Selbstbewusstsein.

Zur Kontaktaufnahme geben Sie eine Handynummer an. Aber nicht Ihre eigene! Kaufen Sie für 10 Euro eine Prepaid-Karte, die Sie später wegschmeißen können, denn es können viele Menschen anrufen! Sie haben bewusst einen sehr schwachen Filter davor geschaltet. Sie wollen Masse! Die Klasse wählen Sie sich dann im weiteren Prozess aus.

Alle Anrufer bitten Sie freundlich, aber bestimmt, Sie in einer Minute zu überzeugen, warum Sie sich eine Stunde Zeit für ein Vorstellungsgespräch mit Ihnen nehmen sollten. Damit testen Sie die entscheidenden Eigenschaften erfolgreicher Verkäufer:

  • Umgang mit Ablehnung,
  • Kontaktstärke,
  • Flexibilität,
  • Schlagfertigkeit und
  • Überzeugungskraft.

Alle Bewerber, die Sie überzeugen, schildern Sie jetzt Ihr Unternehmen in leuchtenden Farben, aber ohne zu übertreiben. Jetzt sind Sie dran zu verkaufen! Der Kandidat muss das Gefühl haben, dass es ein Glück und eine Ehre ist, für Ihre Firma zu arbeiten (und das ist es doch, oder nicht? Wenn nicht, haben Sie erst einmal Hausaufgaben zu erledigen).

Wenn danach beide Seiten das Gefühl haben, sie könnten zusammenpassen, können Sie zu einem ersten Gespräch einladen. Wenn es viele sind, auch zu einer Gruppen-Informationsveranstaltung.

Führen Sie mindestens drei Auswahlgespräche mit jedem Kandidaten, immer zu zweit, aber in unterschiedlichen Gruppierungen. Das erhöht Ihre Trefferwahrscheinlichkeit und gibt den Bewerbern das Gefühl, dass bei Ihnen nicht jeder eingestellt wird, sondern dass Mitarbeiter wichtig sind.

Insgesamt wird die Aussagekraft von Bewerbungsgesprächen und dem resultierenden “Bauchgefühl” überschätzt. Jeder Mensch, der ein paar Bücher über das Thema gelesen hat, kann Ihnen auf die Standardfragen auch gute Standardantworten geben. Das zeigt, dass er die gewünschten Verhaltenseigenschaften verstanden hat, aber nicht, dass er sie tatsächlich lebt.

Wenn Sie bei einem Einstellungsgespräch z.B. fragen, ob jemand organisiert, ein guter Teamspieler etc. ist, gehört nicht besonders viel Intelligenz dazu, die richtige Antwort zu erraten und Ihnen die passenden Geschichten zu erzählen.

Lassen Sie deswegen danach die besten Kandidaten ein paar Tage zur Probe arbeiten. Bei guter Bezahlung, aber ohne Vertrag und Ansprüche auf Übernahme. Schauen Sie dabei auf die Verhaltenseigenschaften, die sie wirklich haben wollen.

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Ihr Thomas Witt
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