[PODCAST] - 7 Werkzeuge für den Umgang mit schwierigen oder aufgeregten Kunden

[PODCAST] - 7 Werkzeuge für den Umgang mit schwierigen oder aufgeregten Kunden
 

Umgang mit aggressiven Kunden: Strategien aus der FBI-Verhandlungsführung!

Wer kennt das nicht: aufgeregte, wütende oder aggressive Kunden. Diese Situationen sind im Verkauf alltäglich, besonders wenn es um Preisverhandlungen oder Reklamationen geht. Aber wie gehen wir am besten mit solchen Menschen um? Wir können viel von FBI-Geiselverhandlern wie Gary Noesner lernen.

Warum von einem FBI-Geiselverhandler lernen?

FBI-Geiselverhandler sind Experten im Umgang mit hoch angespannten Situationen. Sie können nicht auf die Forderungen der Geiselnehmer eingehen, aber sie müssen trotzdem kommunizieren und ihre eigenen Ziele durchsetzen. Über die Jahre haben sie effektive Werkzeuge entwickelt, um mit aggressiven oder aufgeregten Menschen umzugehen, ohne Zugeständnisse in der Sache zu machen. Gary Noesner, ein erfahrener FBI-Verhandler, hat viele dieser Techniken in seinem Buch spannend beschrieben, das bisher aber nur auf Englisch erhältlich ist.

Typen von aggressiven Menschen

Wenn Menschen aggressiv auftreten, gibt es im Grunde zwei Typen: Diejenigen, die Aggression als Werkzeug nutzen, und diejenigen, die einfach ihre Gefühle ausdrücken wollen. Erstere nutzen Aggression, um den anderen in eine Defensive zu bringen, während letztere ihre negativen Gefühle einfach loswerden wollen.

Werkzeuge für den Umgang mit Aggression


Aktives Zuhören

Eines der wichtigsten Werkzeuge ist das aktive Zuhören. Es hilft, den aufgeregten und destabilisierten Kunden in eine "stabile seelische Seitenlage" zu bringen. Das ist ein Konzept, das aus der Ersten Hilfe stammt und bedeutet, dass man den Zustand des anderen stabilisiert und zumindest nicht verschlechtert.

Verbales Spiegeln und Paraphrasieren

Ein weiteres Werkzeug ist das verbale Spiegeln oder Paraphrasieren. Wenn der Kunde sagt, dass die verspätete Lieferung der Küche eine Unverschämtheit ist, wiederholen wir seine Worte, um ihm zu zeigen, dass wir ihn verstanden haben.

Gefühle des Kunden benennen

Das Benennen von Gefühlen kann auch sehr effektiv sein. Wenn wir dem Kunden sagen, dass wir das Gefühl haben, er sei frustriert, zwingt das ihn, über sein eigenes Gefühl nachzudenken. Das schafft Abstand von der eigenen Aufgeregtheit und beruhigt.

Offene Fragen stellen

Offene Fragen wie "Können Sie mir das genauer erklären?" können den Kunden dazu bringen, mehr Informationen preiszugeben und sich besser verstanden zu fühlen.

Auch eigene Gefühle vermitteln

Es ist auch wichtig, unsere eigenen Gefühle in Form von "Ich-Botschaften" zu kommunizieren. Das hilft, die Situation zu deeskalieren, ohne den anderen anzugreifen. Wenn ich sage: „Ich fühle mich schlecht, weil ich dass Gefühl habe, dass Sie mir die Schuld für die verspätete Lieferung geben. Dabei habe ich mich für die Probleme unserer Logistik schon bei Ihnen entschuldigt.“, werden die meisten Kunden zurückrudern.

Gary Noesner, der FBI-Verhandler, sagte, es sei sehr schwer, permanent aggressiv und sauer zu bleiben, wenn von der anderen Seite kein Widerstand oder Gegenaggression, sondern Verständnis kommt. Das ist eine Lektion, die wir alle in unserem Umgang mit Kunden anwenden können. 

Ich hoffe, diese Werkzeuge sind für Sie nützlich. Probieren Sie sie aus und teilen Sie mir Ihre Erfahrungen mit. Bis zum nächsten Mal!

Hier das Transkript dieser Folge:

[00:00:00.800]
Hallo, heute geht es um ein interessantes Thema, nämlich um den Umgang mit aufgeregten, stinksaueren oder sonst wie aggressiven Menschen. Wann kann das vorkommen im Verkauf oder generell im Möbelhandel? Im Verkauf kommt es oft vor, dass einige Leute bei der Preisverhandlung sehr hart einsteigen und dann auch aggressive Tendenzen entwickeln. Außerdem produziert der Möbelhandel durch die Logistik, die alles andere als perfekt ist, sehr viele Reklamationen, über die sich die Kunden zurecht aufregen.

[00:00:56.200]
Und mit diesen aufgeregten Menschen umzugehen, das können wir besonders gut lernen von Menschen, die in Situationen, wo es wirklich drauf ankommt, mit aufgeregten Menschen umgehen. Und das sind FBI-Geiselverhandler. Das sind also Leute, die geholt werden, um mit einem Geiselnehmer zu reden. Und im Wesentlichen können die gar nicht so viel für diesen Geiselnehmer machen. D.h. sie können nicht auf seine Forderungen eingehen. Niemand kriegt einen Hubschrauber und eine Million, nur weil er eine Geisel nimmt. Das gibt es schon seit den 80er Jahren nicht mehr. D.h. im Prinzip können die nur reden und keinerlei Zugeständnisse machen. Und weil das ein relativ schwieriger Job ist, haben die über die letzten 30, 40 Jahre sehr, sehr viele gute Werkzeuge entwickelt. Und ein paar davon möchte ich Ihnen hier vorstellen.

[00:01:47.700]
Der Mann, auf den ich mich ganz konkret beziehe, heißt Gary Noesner, geschrieben mit OE, wie die Amerikaner das tun, und hat jahrzehntelang für das FBI verhandelt und auch ein gutes Buch darüber geschrieben, ich glaube, bis jetzt nur auf Englisch erhältlich. Gut, wenn Menschen aggressiv auftreten, aggressiv aufgeregt, sauer, dann kann das zwei Gründe haben oder sind zwei Typen. Das eine sind die, die dieses aggressive Verhalten instrumentalisieren. Das sieht man manchmal zum Beispiel bei Einkäufern von großen Möbelhausketten. Die denken, Aggression bringt den anderen in eine Defensivposition und wenn ich aggressiv auftrete, dann wird der schon mit dem Preis runtergehen. Möbelhändler machen das auch ab und zu.

[00:02:40.000]
Und das kann man ja verstehen. Das heißt, die nutzen praktisch die Aggression, das aggressive Verhalten, als Druckmittel, als Instrument. Wir nennen das instrumentalisierende aggressive Menschen. Die anderen sind expressive, aggressive Menschen. Das heißt, die wollen sich einfach nur ausdrücken. Die haben Frustration. Sie wollen sich mitteilen. Die Empörung, ein gekränktes Selbstwertgefühl, negative Gefühle werden einfach auf das Gegenüber projiziert und an ihm abreagiert. Und ich glaube, viele Leute, die im Möbelhandel mit Reklamationen zu uns kommen, die wollen in erster Linie einfach ihre negativen Gefühle abreagieren.

[00:03:25.700]
Ja, wie gehen wir mit den um mit den Leuten, die praktisch Aggression als Teil des Verhandlungsprozesses nutzen? Da können wir die Techniken, die Verhandlungstechniken nutzen. Verhandlungstechniken, Problemlösung. Da ist es beste, ganz ruhig zu bleiben, nicht darauf einzugehen. Denn die Leute machen das ja auch im Prinzip aus einer sehr ruhigen Grundsituation heraus. Menschen, die aus expressiven Gründen aggressiv sind, das heißt, die sich einfach mitteilen wollen, bei denen hilft aktives Zuhören. Und ich sage mal, das Ziel muss es sein, nicht die zu überzeugen, sondern die in so was wie eine stabile seelische Seitenlage zu bringen.

[00:04:08.500]
Das ist abgeleitet davon, wenn sie einen Erste-Hilfe-Schein machen, um Führerschein zu kriegen, kriegen sie immer erklärt. Wenn du nicht weißt, was du tust und da sind Verletzte, bring die wenigstens in stabile Seitenlage. Dann verhinderst du schon mal, dass es denen während der Zeit irgendwie schlechter geht, weil der Zustand sich verschlechtert, die irgendwas anatmen oder so. Also bei expressiven, aggressiven Menschen, Leuten, die sich ausdrücken wollen, Leuten, die einfach sauer sind, weil sie sauer sind, hilft stabiles Zuhören und das Ziel ist, sie einfach seelisch wieder in einen vernünftigen, in ein vernünftiges Gleichgewicht zu kriegen. Und jetzt gucken wir uns mal an, welche Werkzeuge Gary Noesner uns vorbereitet hat, um damit umzugehen.

[00:05:04.400]
Vielleicht noch eine Sache vorweg: Es gibt zwar verschiedene Gruppen, die die Aggression instrumentalisieren, die laut auftreten, um etwas zu erreichen, und die, die einfach das tun, weil es raus muss. Nach meiner Schätzung, und auch der von dem FBI-Geiselverhandler Gary Noesner, handelte es sich in 99 Prozent der Fälle um Leute, die expressiv einfach nur etwas ausdrücken müssen, Leute, die in ihrem Selbstwertgefühl gekränkt sind, die sich bedroht fühlen, die gestresst sind, die einfach ein Gefühl haben, das nach außen muss. Das heißt, wenn Ihnen als Möbelverkäufer oder als Reklamationssachbearbeiter jemand wirklich aggressiv entgegenkommt, gehen Sie davon aus, dass die folgenden Werkzeuge für ihn funktionieren.

[00:05:57.700]
Und noch besser ist, wenn Sie die Werkzeuge auf so einen professionellen, instrumentalisierenden Verhandler anwenden. Das heißt, jemand, der das tut, weil er bei Ihnen etwas erreichen will, schadet das auch überhaupt nichts. Also, was ist der Werkzeugkasten für aggressive Menschen, um die wieder in einen vernünftigen Zustand zu bringen? Das Erste ist minimale Ermutigungen und Bestätigung. Das ist ein bisschen kontraintuitiv. Normalerweise wollen wir ja gar nicht, dass die Leute ermutigen und dass die mehr sagen. Denn wir möchten uns das ja gar nicht anhören, dass unsere Firma wieder Mist gebaut hat und die Sachen zu spät geliefert wurden. Oder wir 100 Euro teurer sind als die Konkurrenz.

[00:06:41.400]
Aber gerade deswegen, weil derjenige sich ja nur ausdrücken muss, ist es so stark, minimale Ermutigung und Bestätigung zu geben, die ihn zum Weiterreden bringen. Das heißt, wir hören zu und registrieren das Ganze durch rhythmisches Nicken. Durch rhythmisches Nicken signalisieren wir sowohl dem anderen wie auch uns selbst, dass wir auf einer Wellenlänge sind, dass wir im Prinzip einverstanden sind, dass wir verstehen, dass der andere aufgeregt ist und so weiter und so fort. Wir benutzen eine Körpersprache des Interesses, der Betroffenheit und des Mitgefühls. Das heißt, die erste Reaktion, die erste Bauchreaktion ist ja normalerweise Dichtmachen, den anderen in die Schranken zu weisen, zu sagen, dass er nicht das Recht hat, sich so zu fühlen, wie er sich fühlt. Und das geht in der Regel völlig nach hinten los.

[00:07:33.000]
Verbal sind das Laute wie aha, ja, ja, aha, okay, aha, ich verstehe, also wir signalisieren dem anderen, wir haben ihn verstanden und wir nehmen ihn ernst. Kommen wir zum zweiten Werkzeug. Das zweite Werkzeug ist verbales Spiegeln, Paraphrasieren oder ich nenne das auch Parrotphrasing. Der englische Ausdruck für Paraphrasieren ist paraphrasing. Und parrot ist ein Papagei. Und manchmal ist es sinnvoll, dem Kunden genau mit seinen eigenen Worten das Gesagte zu spiegeln.

[00:08:16.200]
Das heißt, der Kunde sagt, es ist eine Unverschämtheit, dass sie hier zwei Monate zu spät die Küche liefern. Und dann ist die nicht vollständig. Und wir sagen, verstehe sie richtig. Sie empfinden es als eine Unverschämtheit, was hier mit ihrer Küchenlieferung passiert ist. Das heißt, wir spiegeln einfach verbal, wir benutzen die Worte des Kunden. Und in der Regel fühlt er sich dadurch veranlasst, einfach noch mal genauer zu erklären, warum er das für eine Unverschämtheit hält. Manchmal reicht es auch einfach, die letzten paar wichtigen Worte von dem, was der Kunde gesagt hat, mit einer leicht nach oben gehenden Intonation zu wiederholen. Und schon fühlt er sich verstanden und hat das Bedürfnis, sich noch mal genauer zu erklären. Also, wenn der Kunde sagt, wissen Sie, ich habe das hier für 2000 bei Ihnen gekauft.

[00:09:14.000]
Jetzt sehe ich, dass die große Möbelhauskette nebenan das für 1800 in der Werbung hat und das ist doch totaler Abzocke. Dann hilft es manchmal einfach zu spiegeln. Verbale Abzocke. Nicht verbale Abzocke. Ja, also es hilft einfach, das "totaler Abzocke" zu spiegeln. Der Kunde fühlt sich verstanden und erklärt einem, warum er das für Abzocke hält. Also das Werkzeug Nummer zwei. Verbales Spiegeln, Paraphrasieren oder auch Parrot-Phrasing. Wohlgemerkt, wir haben noch nicht auf das geantwortet, was der Kunde sagt, sondern wir versuchen ihn einfach durch aktives Zuhören am Reden zu halten. Kommen wir zum dritten Werkzeug.

[00:10:05.500]
Das dritte Werkzeug heißt Gefühle benennen. Die Amerikaner sagen auch Labeln dazu, also praktisch ein Label dran machen, ein Schild dran machen. Warum funktioniert das, wenn wir sagen, zum Beispiel, Mensch, ich habe das Gefühl, sie sind aufgeregt oder sie sind sauer oder sie trauen mir nicht? Das Gefühl beherrscht den Menschen, der da gerade so aufgeregt ist, fast komplett. Der ist sein Gefühl, der ist seine Wut oder seine Enttäuschung oder seine Frustration. In dem Moment, wo wir ihn fragen oder wo wir ihm sagen, ich habe das Gefühl, sie sind frustriert, muss der in sich reingucken und gucken, ob dieses Gefühl, was er da gerade hat, was ihm die schlechte Laune macht, wirklich Frustration ist oder ein anderes. Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

[00:10:57.200]
Das sorgt dafür, dass ein bisschen Abstand zwischen dem Menschen und dem Gefühl entsteht. Das Gefühl hat ihn nicht mehr, sondern er hat das Gefühl. Also, was passiert? Was kann da passieren? Also, entweder die Katze sagt, "Ja, Sie haben verdammt recht. Natürlich bin ich frustriert. Sie haben ja zwei Wochen nicht geliefert." Oder derjenige korrigiert unser Label und sagt, "Nein, nein, ich bin nicht frustriert, sondern ich bin sauer oder was auch immer." Etwas, was genauer seinen Zustand, sein Gefühl beschreibt. Beides bringt uns weiter. Wir sind entweder bestätigt in dem, dass wir richtig eingeordnet haben, wie er sich fühlt. Und das gibt uns in seinen Augen auch wieder Legitimität. Der Mann versteht mich oder die Frau versteht mich. Oder er erklärt uns genauer, was ihn eigentlich umtreibt. Beides ist gut.

[00:11:51.400]
Kommen wir zum nächsten Werkzeug. Das ist das verbale Spiegeln. Was meinen wir mit verbalem Spiegeln? Wir wiederholen einfach relativ stumpf die letzten Worte oder die wichtigste geäußerte Idee der Nachricht. Meine Lieblingsfrage ist eigentlich, um dieses verbale Spiegeln praktisch aus dem Kunden herauszukriegen. "Wie meinen Sie das genau?" Wissen Sie, so geht das nicht. Das ist alles Schlamperei hier und Sie haben totalen Mist gebaut. Die Frage, "Wie meinen Sie das genau?" bringt den Kunden einfach dazu, sich das Ganze nochmal genauer mental anzuschauen und uns das nochmal zu erzählen.

[00:12:37.900]
Oft reicht auch, wie gesagt - wir hatten das schon ein bisschen bei dem Thema Paraphrasieren - einfach nochmal den letzten Gedanken oder die letzten paar Worte des Kunden zu wiederholen mit einer leicht ansteigenden Intonation, dann weiß er, aha, da kann ich noch mehr dazu sagen, das ist ja, das ist noch nicht klar, da erzähle ich noch was dazu. Also verbales Spiegeln ist, wenn der Kunde sagt, "Das ist eine Unverschämtheit. Erst kommen sie zwei Wochen überhaupt nicht hier mit der Küche und dann kommen sie, haben aber alle Geräte nicht dabei." Und so geht das nicht. Und wenn wir da in dem Moment einen Spiegel, "So geht das nicht."

[00:13:20.200]
müssen wir ja dann erklären, "Jo, das geht nicht, weil ich kann nicht kochen" und so weiter und so fort, und wir erfahren mehr. Und vor allen Dingen, das steht hinter all diesen Werkzeugen des aktiven Zuhörens, der andere fühlt sich mehr verstanden und beruhigt sich dadurch. Kommen wir zum nächsten Werkzeug, und das sind offene Fragen. Offene Fragen - die einzige Frage, die wird, sie das so, dass sie keine Spülmaschine geliefert bekommen haben. Warum schreien sie denn hier so um? Die Frage, "Warum," die zielt immer auf das Problem, nicht auf die Lösung. Das heißt, die sorgt nur dafür, dass derjenige sich noch mehr reinredet, warum das alles so schlimm ist gerade.

[00:14:09.500]
Offene Fragen könnten zum Beispiel sein, können Sie mir bitte das genauer erklären oder können Sie mir mehr dazu erzählen, was da passiert ist, wenn es sich um eine Reklamation handelt. Was genau ist denn passiert, wie genau ist denn das schiefgelaufen, wie meinen Sie das genau? Mit diesen offenen Fragen wird derjenige dazu gebracht und es steckt hinter all diesen aktiv zuhören Fragen, sich besser zu erklären und sich dadurch auch besser verstanden zu fühlen. Man kann das auch nicht gut faken, man muss schon einigermaßen vernünftig zuhören, um vernünftige Fragen dieser Art stellen zu können. Und auf die Dauer sind Menschen nicht in der Lage, praktisch einseitig so eine Offensive aufrechtzuerhalten, denen geht irgendwann die Luft aus. Die fangen an rumzuschreien und rumzumeckern, weil sie sich aggressiv fühlen oder durch irgendein Gefühl aggressiv geworden sind.

[00:15:05.000]
Aber es ist verdammt schwer, diesen Zustand aufrechtzuerhalten, wenn von der anderen Seite nur verständnisvolles Nicken, Rückfragen, verbales Spiegeln kommt. Also offene Fragen sind dein Freund, keine Ja-Nein-Fragen. Wollen Sie, dass wir den Scheiß jetzt abholen oder nicht? Ungünstig, ungünstig. sondern stattdessen, wie könnte denn eine Lösung für Sie aussehen, die Sie zufrieden macht, gegeben, wir haben Ihre Küche nicht pünktlich geliefert. Also offene Fragen, das fünfte Werkzeug, gucken wir uns das Sechste an.

[00:15:46.300]
Jetzt geht es darum, die eigenen Gefühle zu vermitteln. Manchmal fühlt man sich ja zu Recht ungerecht behandelt. Sie produzieren ja vielleicht gar keine Küchen, sondern haben sie nur verkauft oder ausgeliefert oder sind der Reklamationssachbearbeiter, der hinter den ganzen Leuten hinterher putzt, die in der Wertschöpfungskette unter Umständen Mist gemacht haben. Jetzt sagen viele, halt Gefühle aus dem Geschäftsleben raus. Und ich habe das auch gehört als junger Mensch im Verkauf und im Management. Und ich finde, das ist kompletter Schwachsinn. Gefühle sind das Geschäftsleben. Und es geht um Gefühle. Gerade wenn irgendwas an unserem Geschäftsgebaren dazu geführt hat, dass der andere aufgeregt oder sauer oder aggressiv ist.

[00:16:39.400]
Das heißt, wir sollten über unsere Gefühle reden und müssen auch manchmal über unsere Gefühle reden, sonst fressen wir die nur in uns rein. Nur wenn man den Job eines Reklamationssachbearbeiters hat, heißt das noch lange nicht, dass man sich die ganze Zeit mit den Gefühlen abfinden muss, die einem andere Menschen verpassen. Und die sind sich vielleicht noch nicht mal darüber am klaren, dass sie uns da persönlich getroffen haben. Wichtig ist, wenn man eigene Gefühle anspricht, das in Form von Ich-Botschaften zu tun. Das heißt, wir sagen nicht, "Sie haben mich angegriffen" oder "Sie haben mich beleidigt" oder "Sie gehen hier auf total unkorrekte Art mit mir um", sondern als Ich-Botschaft formuliert. "Ich fühle mich angegriffen."

[00:17:31.000]
fühle mich beleidigt. Ich sehe das irgendwie, ich finde das ungerecht, dass ich hier dafür angeschrien werde, dass die Firma Nolte nicht liefern kann, und damit haben Sie die eigenen Gefühle angesprochen, ohne den anderen anzugreifen. Und das ist das Gute bei Ich-Botschaften, über meine Gefühle kann ein anderer Mensch nicht diskutieren. Also vergessen Sie die alte Predigt, du musst die Gefühle aus dem Geschäftsleben raushalten, bringen Sie die Gefühle ins Geschäftsleben, aber tun Sie das auf eine Art, die nicht noch mehr Aggression hervorruft, das heißt mit Ich-Botschaften. Also Gefühle nicht aus dem Geschäftsleben raushalten, sondern Gefühle klar ansprechen, aber vernünftig, denn Gefühle sind das Geschäft und sind nicht ein Problem bei dem Geschäft.

[00:18:22.100]
Und kommen wir zum letzten Werkzeug aus dieser Serie, aktives Zuhören. Ich habe noch ein gutes Zitat zum Thema Gefühle und Verstand von Dr. Eckhard von Hirschhausen, dem bekannten Mediziner und Comedian. Der hat gesagt über den Zusammenhang zwischen unserem Verstand und den Gefühlen, sagt er, ich zitiere, "Wer spricht da? Die Großhirnrinde. Warum? Weil die sprechen kann. Als Einzige. Die Großhirnrinde hat aber mit der Entscheidung nichts zu tun. Die fiel eine Etage tiefer bei den Hormonen." Und ich springe mal raus, mit Hormonen meint er das Gefühlszentrum. Das, was uns ärgerlich oder glücklich oder sauer macht.

[00:19:19.100]
Also die Entscheidung fällt im Gefühlszentrum. Weiter geht es im Zitat, "Der Verstand ist nicht die Regierung des Menschen, sondern mehr so der Regierungssprecher. Und wie in der Politik erfährt der Regierungssprecher als letzter, was beschlossen wurde, muss es dann aber nach außen hin rechtfertigen." Und der Sitz unseres Verstandes, die Großhirnrinde, ist nur deshalb so groß, damit wir auch für das bescheuertste Verhalten eine halbwegs plausible Entschuldigung zusammenzimmern können. Das war Dr. Eckhard von Hirschhausen, zitiert aus dem Buch "Glück." Warum passt das dazu? Wir reden in dem Moment mit dem Gefühlszentrum. Wenn ein Mensch uns aggressiv gegenübertritt, weil er beleidigt ist oder frustriert oder sonst was, reden wir mit dem Gefühlszentrum. Und es hat überhaupt keinen Zweck auf der logischen Ebene, das heißt für die Großhirnrinde zu argumentieren. Aber gucken Sie mal, das sind doch die.

[00:20:14.000]
Die Lieferwege und die Lieferketten, die gestört sind, da kann meine Firma doch nichts dafür. Das macht den nur noch viel saurer. Warum? Weil wir versuchen praktisch mit dem falschen Kanal zu bedienen. Ein Neurowissenschaftler Antonio Damásio, ein führender Neurowissenschaftler, hat mal gesagt, "Wir sind keine Denkmaschinen, die fühlen, sondern Gefühlsmaschinen, die denken." Und ich bin der Meinung, genauso sollten wir Menschen auch behandeln. Wir sollten uns erst mal um ihre Gefühle kümmern und dann erst die logischen Argumente befriedigen.

[00:20:56.300]
Das vierte Werkzeug sind effektive Pausen. Was ist effektiv? Effektiv ist alles, was denjenigen zum Nachdenken bringt und was denjenigen dazu bringt, sagen wir mal langsam sich abzuregen. Weitere Vorteile sind, wenn man einfach eine Pause macht. Der Kunde hat gesagt, was ihn alles stört und was schiefgelaufen ist und wie schrecklich das alles ist. Und wir haben ihn durch aktives Zuhören aufgefordert, uns mehr zu erzählen, nachgefragt, mit offenen Fragen. Und das fertig. Dann eine Pause machen.

[00:21:38.800]
Wird er entweder der Tendenz erliegen, uns relativ ungefiltert das zu sagen, was ihm gerade wichtig ist. Wir Menschen versuchen unangenehme Pausen, und wenn er uns gerade angeschrien hat, ist das eine unangenehme Pause, Menschen versuchen unangenehme Pausen durch etwas, was sie selber sagen, dann zu übertünchen. Und in dem Fall sagen sie uns erstaunlich oft das, was sie wirklich in dem Moment denken, was uns weiterbringt. Und diese Pause als Reaktion auf aggressives emotionales Verhalten funktioniert auch so ein bisschen abregend, weil der andere ja eigentlich eine verbale Gegenwehr erwartet. Und dementsprechend beruhigt er sich, wenn die Gegenwehr nicht kommt, wenn einfach eine Pause kommt.

[00:22:30.100]
Der Gary Noesner, sagte FBI-Verhandler, "Es ist sehr schwer permanent aggressiv und sauer zu bleiben, wenn von der anderen Seite kein Widerstand oder keine Gegenaggression kommt." Ja, das waren die insgesamt sieben Werkzeuge des aktiven Zuhörens für den Umgang mit aggressiven, aufgeregten Menschen, was uns ja immer mal passieren kann in unserer Arbeit als Verkäufer oder als Reklamationssachbearbeiter oder auch in der Auslieferung. Jeder, der mit Kunden zu tun hat, muss auch ab und zu mal für Fehler der Firma gerade stehen oder für eigene Fehler. Das war es für heute. Wenden Sie es an. Sagen Sie mir, was Sie da für Erfahrungen gemacht haben. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei. Ihr Thomas Witt.

Fragen oder Themenwünsche für den Podcast? Einfach per Email an: witt@thomaswittconsulting.de!

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Ihr Thomas Witt

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