Hier das Transkript dieser Folge:
[00:00:23.500]
Hallo Jürgen, was machen wir denn heute? Ja, Thomas, schön, dass wir wieder online gehen. Wir wollen heute noch das Thema vertiefen. Wir haben ja bei unserem letzten Podcast darüber gesprochen, was haben Unternehmer und gute Führungskräfte mit der Motivation zu tun? Und haben dabei festgestellt, dass in der Studie ja rausgearbeitet wurde, dass in den letzten zwei Jahren die Motivation der Mitarbeiter dramatisch weggekommen ist. Und jetzt stellt sich die Frage, wo ist sie denn hin, die Motivation?
[00:00:53.800]
Das wollen wir uns mal angucken, und wir fangen an mit einer Geschichte, die mein Freund und Mentor Tom Freudenthal mal geschrieben hat, um klarzumachen und wirklich im Gehirn zu verankern, was ist denn Motivation, welche Arten gibt es und wie kann man sie fördern und erhalten. Tom Freudenthal ist ein Lernexperte und hat die Firma Centered Learning, und ich habe mich auch von ihm ausbilden lassen.
[00:01:23.000]
Ok, los geht's mit der Geschichte von Tom Freudenthal.
[00:01:27.800]
Es war einmal ein kleines Dorf, weit hinter dem Horizont hinter den Bergen. Es bestanden nur aus einer Hand voll weißgetünchter Häuser.
[00:01:36.600]
Die sich am Fuß eines großen Gebirges in die Wiesen schmiegten. In den langen sonnigen Wintermonaten war die Dorfstraße staubig und trocken und überzog die kleinen Häuschen mit einer dünnen gelben Staubschicht.
[00:01:52.100]
Trotz der einfachen Verhältnisse legten die meisten Dorfbewohner Wert auf hübsche kleine Vorgärten. Die Reicheren pflanzten in bunte Blumenbeete, die Ärmeren bauten auch hier ihr Gemüse an.
[00:02:03.400]
Fast alle Dorfbewohner hatten Felder und Tiere und waren Bauern. Am Ende der Dorfstraße, schon fast draußen im Wald, wohnte Ivanov. Ivanov war ein Eigenbrötler, meistens missgelaunt und griesgrämig. Vielleicht lag es daran, dass er bis heute, und immerhin war er schon 58 Jahre alt, nie eine nette Frau gefunden hatte. Und so ließ er seine schlechte Laune regelmäßig an seinen Tieren aus, besonders an seinem kleinen Esel. Nun sind Esel, wie man weiß, manchmal etwas störrisch.
[00:02:36.600]
Und das trieb Ivanov regelmäßig zur Weißglut. Er prügelte den Esel auf den Rücken, damit er nun endlich mal vorangehe. Oder, wenn er keinen Stock zu Hand hatte, trat er ihm in den Hintern. Auf eine bestimmte Art nützte das natürlich auch ein wenig. Der Esel bekam regelmäßig Angst, wenn er Ivanov auch nur von Ferne sah. Und wenn er gerade mal wieder mit seinem Schicksal haderte, machte er notgedrungen, was er sollte.
[00:03:04.900]
Aber wenn er sich kräftiger fühlte, war er störrischer denn je.
[00:03:07.300]
Alle Dorfbewohner, Ivanov natürlich an erster Stelle, sagten immer wieder, was für ein dummer kleiner Esel. Der hat in seinem ganzen Leben noch nie etwas anderes gelernt als Fressen und Scheißen.
[00:03:20.600]
Eines Tages kam eine ältere, aber hübsche Frau durchs Dorf. Sie hatte nichts mehr dabei, trug ein kleines Bündel über der Schulter und war offenbar schon lange auf Wanderschaft. Natürlich wurde sie misstrauisch beäugt von den Dorfbewohnern, besonders von den Frauen, die um ihre Männer fürchteten. Aber das stellte sich schnell als ganz überflüssig heraus, wenn es geschah, was völlig unerwartet ist. Zwischen dem alten, grantigen Ivanov und der neuen, sie heißt übrigens Walja, war es Liebe auf den ersten Blick. Und da sie eine herzliche und warme Ausstrahlung hatte und eigentlich immer gute Laune hatte, machte auch Ivanov mit der Zeit eine Wandlung durch und wurde etwas umgänglicher. Und selbst das kleine Eselchen machte plötzlich seine Arbeit. Es gab kein Geschrei und keine Prügel mehr, und alle wunderten sich.
[00:04:11.000]
Eines Tages fragte der Nachbar Ivanov, wie er das denn mit dem Eselchen hingekriegt hätte, das sei doch ungewöhnlich. Ja, sagte Ivanov, meine Walja, die hat mir einen Trick gezeigt, der ist wirklich toll. Ich trete meinen Esel jetzt nicht mehr in den Hintern, sondern ich habe einen langen Stock genommen, ihn an einem Ende des Karrens befestigt, sodass er über den ganzen Esel bis weit vor seine Nase reicht. Und dann habe ich eine kleine Möhre an einem Bindfaden an dieses Ende gebunden, sodass dem Esel immer die Möhre vor der Nase baumelte.
[00:04:42.300]
Und plötzlich lief er wieder wie der Blitz. So, so, sagte der Nachbar, ging nach Hause und erzählte seiner Frau davon, die sicherlich die klügste Person im ganzen Dorf war.
[00:04:52.800]
Hm, sagte die, keine schlechte Idee. Aber hast du schon einmal darüber nachgedacht, warum unser ältester Sohn immer wieder und immer wieder unseren uralten kleinen Trecker repariert?
[00:05:02.200]
Ist dir schon mal aufgefallen, dass wir ihn nie darum bitten oder dafür belohnen mussten? Und hast du schon gemerkt, dass nicht nur in unserem Dorf, sondern in allen Dörfern der Umgebung alle immer zu Gregor kommen, wenn ihnen irgendetwas kaputtgegangen ist? Sie ganz genau wissen, der Gregor ist der größte Experte für kaputte Maschinen in der ganzen Gegend. Und wir mussten ihm nie sagen, lern mal, wie die Motoren funktionieren. Das hat er sich alles selbst beigebracht. Irgendwie hat er immer von selber dazu Lust, und wir mussten ihm nie in den Hintern treten und ihn auch nie belohnen.
[00:05:35.200]
Ja ja, sagte der Nachbar, aber ob das mit einem Esel auch so geht, weiß ich nicht. Und um die Wahrheit zu sagen, der Esel kam tatsächlich nie über das Möhrenstadium hinaus. Aber später kam einmal ein gelehrter Mann aus der fernen Stadt in unser kleines Dorf und sagte, er sei Wissenschaftler, Psychologe, Ethnologe, irgendwelche zwei Worte, die sich die Dorfbewohner nie merken konnten.
[00:05:57.000]
Aber seitdem weiß die Welt von den drei Arten der Motivation.
[00:06:00.800]
Und in den Städten nannte man sie fortan Meidemotivation, Belohnungsmotivation und intrinsische Motivation. Und manche kluge Leute, die ihre Schüler besonders gern hatten, überlegten, wie kann ich es wohl anstellen, dass meine Schüler oder meine Mitarbeiter aus sich heraus lernen wollen. Und die, die das herausbekommen, hatten die besten Schüler der ganzen Stadt. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Ja, Jürgen, was meinst du, wo ist denn der Möbelhandelverkauf angelangt? Bei Heidsche, bei Möhre oder bei intrinsischer Motivation? Was siehst du?
[00:06:49.000]
Lass uns mal genauer hingucken. Ich glaube, wir finden alle Varianten im Möbelhandel. Lass uns mal anfangen mit der Vermeidestrategie.
[00:06:57.200]
Gut, wird nicht mehr jetzt den Esel hintergetreten, also den Verkäufer wird nicht hintergetreten. Aber wird da schon Druck aufgebaut, dass Umsätze erzielt werden müssen, sonst hat es negative Konsequenzen, und deswegen machen die Mitarbeiter Dinge, die sie tun sollen. Das geht in Richtung meiner Motivation.
[00:07:15.200]
Kannst du dich noch an das große Möbelhaus erinnern? Da waren wir viel auf der Fläche, haben auch verkaufsorientiert und trainiert. Und wenn der Inhaber und sein Geschäftsführer unterwegs waren, das waren so mehrere große Hallen, jeder acht bis zehntausend Quadratmeter groß, und jedes Mal, wenn die unterwegs waren, haben die in der ganzen Halle keinen einzigen Verkäufer gesehen und das an einem Samstag. Und dann haben sie uns einmal oder ich weiß nicht, ob du dabei warst, mich zitiert und gesagt, Herr Witt, was Sie machen, funktioniert nicht, wir sehen überhaupt keinen Verkäufer, hier sind nur Kunden. Was war passiert?
[00:07:50.300]
Die, genauso wie das Eselchen, haben auch, wenn die die nur von fern den Geschäftsführer und den Inhaber sahen, haben dies mit Angst zu tun gekriegt und sind schnell, schnell weggelaufen. Also diese Meidemotivation, die Motivation über Strafe, die hat auch Nachteile, gravierende Nachteile. Denn manche sagt es auch, wenn der Esel sich kräftiger fühlt, dann war er störrischer denn je. Die Möhrenmotivation, die Belohnungsmotivation.
[00:08:20.900]
Ja, klassisches Entlohnungsprinzip nach Provision, die ja gerade im Möbelhandel sehr stark verbreitet ist.
[00:08:30.800]
Und Meidemotivation und Belohnungsmotivation fallen beides unter das Stichwort extrinsischer, also äußerer Motivation. Die Motivation muss permanent von außen dazugegeben werden.
[00:08:41.500]
Wenn du mit Angst führst und den Leuten einen Tag keine Angst machst oder zur Messe fährst, dann passiert nichts.
[00:08:48.100]
Und oft meinen die Führungskräfte, das wäre eine Arbeitsplatzgarantie, wenn sie immer von außen steuern müssen. Und das Schlimme ist, den Unternehmern ist das oft auch nicht bewusst.
[00:08:57.700]
Also wir sagen ja immer, die Qualität einer Führungskraft zeigt sich, wenn sie nicht da ist, nicht wenn sie da ist. Also diese extrinsischen Geschichten, die sind problematisch, an einigen Stellen brauchen wir die. Intrinsische Motivation, innere Motivation kommt von innen, wie dein Name schon sagt. Wann in unserem Leben haben wir es denn mit Meidemotivation, mit weg von Motivation zu tun? Also wann funktioniert das?
[00:09:20.500]
Also bei mir, wenn ich an meine Schulzeit denke, ich erzähle manchmal auch in Seminaren die Geschichte, wenn ich an die Tafel musste, weil ich beim Quatschen erwischt wurde. Das war in meinem Leben immer so eine Meidemotivation, also dafür zu sorgen, dass ich nicht beim Quatschen erwischt werde. Aber ob ich dadurch wirklich was gelernt habe, ist eine andere Sache.
[00:09:37.300]
In der Schule hat man jede Menge Sachen gelernt. Es hat sich, glaube ich, nie jemand damit abgegeben, einem zu erklären, warum man die lernt. Und die Schule ist eine der effizientesten Arten, Zeit zu verschwenden. Ich war da 13 Jahre, und ich kann mich an nicht mehr besonders viel erinnern.
[00:09:57.000]
Bei der Bundeswehr wird auch mit meine Motivation gearbeitet. Habe ich so gehört. Ich war nicht da. Und auch in allen Sachen im Job. Ich habe ja tatsächlich mal für einen großen internationalen Konzern gearbeitet. Da gab es so administrative Aufgaben, so Performance Reviews, dauerte Stunden, hunderte von Fragen.
[00:10:15.200]
Ich habe das einmal gemacht, weil ich Angst hatte, Ärger zu bekommen, wenn ich es nicht mache. Nächstes Jahr habe ich meiner Chefin gesagt, jetzt machst du das alleine. Ich brauche 20 Prozent mehr Gehalt, und du füllst das Ding so aus, dass ich die kriege. Ich habe gesagt, Thomas ist so langweilig, komm doch rüber und mach mit. Nee, nee, mach du mal alleine, ich verkaufe.
[00:10:34.100]
Also Meidemotivation funktioniert bei extrem stupiden Sachen, gegen die wir wirklich aktiv etwas haben. Wann funktioniert oder wann erfahren wir Belohnungsmotivation in unserem Leben?
[00:10:50.200]
Ja, lass uns noch ein bisschen nach hinten gucken. Ich glaube, wenn wir unseren Führerschein machen, ist es für die meisten Leute eine Art Motivation, wenn ich nachher meinen Führerschein bekommen habe, dass ich dann Auto fahren kann. Selbst mich hat es motiviert, ein 3- bis 4-faches Volumen an Fragen zu lernen für meine Fluglizenz. Da habe ich mich also echt auf den Hosenboden gesetzt, weil ich wollte die Belohnung, ich wollte mit dem Flugzeug in der Gegend rumfliegen können.
[00:11:15.400]
Genau, und ob die Frage nun Sinn macht oder ob du es jemals wieder brauchst?
[00:11:19.000]
Boah, das tritt in den Hintergrund, denn du willst halt die große Karotte haben, nämlich den Flugschein, die dir sehr viel Freiheit und Spaß beschert. Also Führerschein Abitur auch. In 13 Jahren hast du dich konzentriert auf irgendeinen Quatsch, wofür sich danach niemand mehr interessiert. Die Schule ist großartig darin, einen deutschen Klassiker lesen zu lassen und schafft es, dass über zwei Drittel der Menschen, die Abitur machen, nie wieder klassische Literatur in die Hand nehmen. Große Teile des Studiums sind genauso. Also das Abitur ist die Eintrittskarte zum Studium und das Studium ist tatsächlich vier Jahre Kaffeetrinken, Spaß und abends weggehen.
[00:11:59.300]
Ich habe natürlich berufsbegleitend studiert, und wir hatten, ich erinnere mich noch an einen Professor, der hat uns in Rechtsfragen unterrichtet, der hat etwas Cleveres gemacht und zwar kennen die meisten Leute, die Fernsehen gucken, das von den Krimis oder Sportstudios. Bevor es wirklich losgeht, vor den Nachrichten kommt so ein kleiner Trailer und wird neugierig gemacht auf das, was danach kommt.
[00:12:18.800]
Und dieser Professor, der hat uns immer neugierig gemacht, er hat gesagt, in der nächsten Lektion kommt dies und jenes dran und hat uns auch klar gemacht, was uns das bringt. Und da kann ich mich noch gut daran erinnern, weil mir das in meiner Arbeit auch schon viel geholfen hat.
[00:12:31.000]
Ja, das ist dann ein Schritt weiter. Hier ist nicht Belohnungsmotivation, sondern was der rausgekitzelt hat, ist ja ein inneres Interesse. Ah, das kann ich gebrauchen. Also ja, es ist Diskussion, ob das Belohnungsmotivation ist. Aber ich würde sagen, der hat euer inneres Interesse rausgekitzelt. Wann funktioniert denn typischerweise Belohnungsmotivation?
[00:12:57.100]
Wenn wir Fließbandarbeit machen, also im übertragenen Sinne, wenn wir recht einfache, stupide Sachen machen.
[00:13:04.900]
Da kann das uns schon ein bisschen antriggern, dass wir sagen, okay, hat zwar nicht viel Sinn, aber ich tue es und tue es damit entsprechend Dampf, dass ich meine Ergebnisse erziele.
[00:13:15.400]
Also langweilige, stupide, als sinnleer empfundene Tätigkeiten, Akkordarbeit, Fließbandarbeit. Die große Frage ist, funktioniert das Karotten-Prinzip gut im Verkauf? Also wer sind die Topverkäufer?
[00:13:29.400]
Ich glaube, dann würden die ja, wenn die ihr Monatsziel erreicht haben oder ihr persönlich gestecktes Monatsziel, wenn die sagen, ich will ein bisschen mehr Geld verdienen und wenn sie das, was sie sich als Ziel gesteckt haben, dann erreicht haben, dann müssten sie ja aufhören zu arbeiten für die restlichen Tage des Monats. Aber wenn wir auf die wirklich guten Verkäufer hingucken, erleben wir doch immer, dass die,
[00:13:50.700]
Die machen einfach weiter, weil sie Spaß daran haben.
[00:13:54.500]
Aus einer inneren Motivation, ne? Also ich finde, man muss sich als Unternehmen entscheiden. Was will ich denn? Fließbandverkauf?
[00:14:01.900]
Oder will ich Leute, die sehr individuell auf meine Kunden eingehen, die statt einfach nur den Bedarf zu decken, die Bedürfnisse wecken, die Lösungen finden mit dem Kunden, die planen, die kreativ sind? Denn Kreativität wird von so einer Karotte ganz schön kaputt gemacht. Also meiner Meinung nach ist Möbelverkauf und Küchenverkauf noch mehr ein Bereich, in dem diese reine Karotten-Motivation nicht so gut funktioniert.
[00:14:33.000]
Ja, jetzt wissen wir, welche Möglichkeiten es gibt, einmal extern zuführen, extrinsische Motivation, aber Interessant ist die intrinsische, die läuft nämlich dann auch ohne viel Aufwand von außen.
[00:14:49.600]
Die Frage ist... Hattest du dann noch mal ein Beispiel von einer Verkäuferin, die wir sehr früh im Anfang von unserer Arbeit hatten?
[00:14:58.500]
Hat mich sehr beeindruckt, die Dame arbeitete im jungen Wohnen, also gar nicht so hochwertig, hat aber beraten vom Feinsten und manchmal irgendwie für ein paar hundert Euro Schrank hat die einem eine ganze Wohnzimmereinrichtung skizziert schnell. Und die hat auf die Frage, was machst du da eigentlich, gesagt, mein Job ist es, Menschen mit Möbeln glücklich zu machen. Das hat die auch getan. Die hat viele, viele glückliche Menschen produziert.
[00:15:28.400]
War dadurch sehr anerkannt, nicht nur bei den Kunden, die immer wieder kamen und die auch andere schickten, sondern auch beim Inhaber.
[00:15:36.500]
Und dann hatte sie auch sehr hohe Abschlussquoten.
[00:15:39.100]
Normalerweise wird gesagt von Inhabern, ja, meine Verkäufer sind viel zu nett. Ich weiß schon, was die meinen, das ist aber Schwachsinn, und ich will es ihnen auch zeigen. Ich frage, warum sind die denn zu nett? Ja, die lassen die Leute nach einer zweistündigen Beratung wieder rausgehen. Da sage ich immer, was ist denn da nett? Die sind ja nicht gekommen, um eine Beratung zu kriegen, sondern weil sie Lust auf Möbel hatten. Die haben den Kunden einfach die Zeit verschwendet. Das ist nicht nett. Diese Dame, die hatte aber eine hervorragende Abschlussquote.
[00:16:10.200]
Und ich habe sie gefragt, warum ist denn ihre Abschlussquote so hoch? Und dann sagte sie mir, ja, das wissen Sie, wenn ich die hier rausgehen lasse, das ist ja unterlassene Hilfeleistung.
[00:16:20.500]
Ich habe gesagt, Mensch, unterlassene Hilfeleistung, das ist eine Straftat, oder? Aber wie meinen Sie das denn jetzt?
[00:16:27.400]
Und sie sagte, ja, wenn ich denen was verkaufe, dann ist das das Beste, was für deren Budget zu machen ist. Die gehen glücklich hier raus. Wenn ich die rausgehen lasse, dann habe ich denen nicht geholfen. Also von daher unterlassene Hilfeleistung. Und dann gehen die wahrscheinlich hier zur Konkurrenz, zur gesichtslosen Großfläche und kriegen davon irgendeinen armen Schwein, was unter Umsatz- und Provisionsdruck steht, kriegen sie irgendeinen Quatsch aufgedrückt und werden einfach abgerubbelt. Die Frau, die war auch auf Provision, hat hervorragend verdient natürlich. Aber die hat nicht wegen der Provision gearbeitet.
[00:17:03.600]
Und dann ist etwas passiert, was mich jahrelang nachdenklich gemacht hat. Die war noch recht jung, Anfang 40 oder Ende 30, und kam irgendwann nach Hause und mit ihrer Tochter und hat ihren Mann tot im Wohnzimmer aufgefunden, der auch ungefähr so alt war. Und natürlich, es hat sich sehr schnell herumgesprochen und ich kriege das auch sofort gesagt, als ich irgendwie ein, zwei Tage später in das Unternehmen kam. Und ich habe den Inhaber völlig entgeistert gefragt. Also haben Sie den nicht freigegeben? Warum ist die denn hier? Die braucht doch erst mal Zeit, um das zu verarbeiten. Was hat gesagt? Ich bin sofort zu der und habe ihr gesagt, sie kann sich freinehmen.
[00:17:42.600]
Aber die hat gesagt, nee, nee, meine Arbeit gibt mir Kraft. Meine Arbeit stabilisiert mich. Ich will kommen. Ich muss arbeiten.
[00:17:50.000]
Ja, und das ist ein Beispiel für innere Motivation, für intrinsische Motivation. Und die Frau war top und ihre Arbeit hat ihr Kraft gegeben. Und sie hat viele Menschen mit ihrer Arbeit glücklich gemacht. Jetzt ist die Frage, wenn die Motivation dann so intrinsisch nicht da ist bei der Mannschaft, was sind denn die Faktoren, die fehlen, um die Motivation wieder hinzukriegen? Da gibt es einen Autor, Daniel Pink, der ein Buch geschrieben hat, "Drive" heißt das, "Antrieb" auf Deutsch übersetzt, aber das heißt im deutschen Titel auch "Drive", was sie wirklich motiviert. Und der hat da die drei Faktoren gut beschrieben, die Motivation beeinflussen und formen.
[00:18:41.700]
Die hat er sich nicht ausgedacht, sondern aus der psychologischen Literatur und aus Experimenten zusammengesucht. Aber er hat es wesentlich besser beschrieben als die etwas staubigen psychologischen Papers.
[00:18:53.900]
Jetzt bin ich ganz neugierig. Der erste Punkt ist die Autonomie. Was bedeutet das denn für uns in der Arbeitswelt, in der Möbelwelt?
[00:19:02.300]
Ja, Menschen sehen sich danach die Kontrolle über ihr Leben und über ihre Entscheidung zu haben. Das heißt, sie möchten die Freiheit haben, ihre Aufgaben auf ihre eigene Weise zu erledigen. Das Gegenteil von Mikromanagement. Management nach Zielen oder nach Zielvorgaben oder nach Meilenstein. Und Arbeitgeber und Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern mehr Autonomie geben, erleben oft motiviertere und engagiertere Teams.
[00:19:26.900]
Denn nur Autonomie ermöglicht es den Menschen überhaupt, kreative Fähigkeiten zu entfalten und interessante neue Lösungen zu finden, sich selbst persönlich zu engagieren. Wenn der Chef sagt, ihr macht es genauso wie ich sage, ich weiß alles besser, dann ist die Fähigkeit zu lernen natürlich auf ihn beschränkt und man nutzt nur einen Gehirn anstatt 20 oder 30.
[00:19:53.500]
Ja, gehen wir mal zum nächsten Punkt. Die Meisterschaft, das interessiert mich als Handwerksmeister natürlich ganz besonders, was dahinter steckt.
[00:20:01.300]
Nicht unbedingt ein Diplom, sondern unser angeborenes Bedürfnis, unsere Fähigkeiten zu verbessern und uns kontinuierlich weiterzuentwickeln. Wenn Sie jetzt sagen, ja ja, meine Mitarbeiter, sie kennen dich nicht, sie schlafen im Stehen, die wollen gar nichts oder wieder kleine Eselchen, nur wie sagten die Fressen und Scheißen in der Geschichte,
[00:20:20.600]
Ich weiß, ich soll nicht fluchen, so reden aber viele Chefs über ihre Mitarbeiter.
[00:20:29.300]
Tatsächlich wurde ihnen dieses Streben nach Meisterschaft aberzogen. Also die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erlernen und sich zu verbessern, das treibt die Motivation stark voran. Und das kann im beruflichen und im persönlichen Bereich wichtig sein. Und Unternehmen, die Mitarbeitern die Möglichkeit zur Weiterbildung und Weiterentwicklung bieten, schaffen eine Umgebung, in der die Motivation florieren kann. Das kam auch bei dieser Studie raus, die wir das letzte Mal besprochen haben.
[00:21:03.600]
Also Unternehmen, wo die Mitarbeiter das Gefühl hatten, sie würden sich weiterentwickeln, und ihnen würde dabei geholfen. Die waren glücklicher, die waren engagierter, die haben weniger oft gekündigt. Also es hat handfeste Vorteile.
[00:21:23.800]
Der dritte Faktor ist Sinn und Zweck. Was für einen Sinn hat es, dass ich diese Arbeit jetzt mache? Und wenn ich in dieses typische Abteilungsdenken jetzt mal hineinschaue, dann weiß die eine Abteilung nicht, was die andere macht, und da fehlt oft Sinn und Zweck.
[00:21:39.300]
Ja, je größer das Unternehmen, desto größer ist dieses Problem. Und tatsächlich ist es so, Menschen sind motivierter, wenn sie verstehen, wie ihre Arbeit einen tieferen Zweck erfüllt und einen Beitrag zur Gesellschaft leistet.
[00:21:54.700]
Wenn wir an diese Verkäuferin denken, Menschen mit Möbeln glücklich zu machen, das ist ein Beitrag zum Glück anderer Menschen, das motiviert. Und dieser Faktor geht weit über materielle Belohnung hinaus, wenn klar ist, warum tue ich das? Es gibt Unternehmen und Organisationen, die ihre Mitarbeiter in die Werte und in die Mission des Unternehmens einbinden. Und damit meine ich nicht so Mission Statements. Und ich habe tatsächlich mal ein Unternehmer hat mir stolz gesagt, ja, eine Mission haben wir auch und so ein Wertekatalog. Und da haben wir uns ein ganz gutes Hotel, da waren wir mit einem Moderator, das war super. Ich habe gesagt, wie ist denn Ihre Mission und Ihre Werte?
[00:22:37.000]
Darauf griff er nach seinem Telefon und klingelte wohl seine Assistentin an und sagte, Kerstin, Kerstin, such mal die Mission, such mal die Mission.
[00:22:44.600]
Und die Werte. Und irgendwie, 20 Minuten später kam eine leicht verschwitzte Kerstin an und hatte die Mission gefunden. Und dann haben wir die gemeinsam durchgelesen. Das ist natürlich Käse. Dagegen sind Unternehmen. Es gibt ein sehr schönes Buch. Ich habe auch einen Artikel darüber geschrieben.
[00:23:02.600]
Missionsmarketing. Missionmarketing. Das Buch heißt "Always Ask Why" von Simon Sinek.
[00:23:11.500]
Und der hat wirklich rauskristallisiert, dass Unternehmen, die primär über das Warum reden anstatt über das Wie und Was wollen wir jetzt machen, ein Möbel verkaufen, die sind wesentlich erfolgreicher, zumindest langfristig und machen bessere Werbung und haben motiviertere Leute.
[00:23:31.000]
Zum Thema motivierte Leute, da ist ja immer die Frage hier, wenn ich Meisterschaft und permanentes Lernen fordere. Damit haben wir auch immer zu tun, wenn wir unsere Projekte verkaufen, werden die Mitarbeiter ja, denen wird gesagt, komm wir landen, jetzt warst du zwar regelmäßig, über Monate, zum Teil über Jahre. Wovor haben die dann Angst, die Inhaber?
[00:23:54.300]
Dass sie vielleicht nachher laufen gehen mit dem Input, dass sie sich bei der Konkurrenz bewerben, könnte ein Punkt sein.
[00:24:01.400]
Ja, das ist die Sache, das Zitat von Zig Ziglar, der war auch Trainer, also ursprünglich Verkäufer, wie wir beide auch, und danach Trainer, und der kriegte natürlich oft von den Leuten, also von den Inhabern an, die er verkauft hat, gesagt, ja ja, aber was passiert, wenn ich hier meine Leute trainieren lasse von dir, und dann verlassen wir das Unternehmen?
[00:24:23.600]
Und Zig Ziglar hat gesagt, ja ja, das ist ärgerlich, aber noch schlimmer ist, wenn du die nicht trainierst und die bleiben. Also klar, das kann ihnen passieren, aber wahrscheinlich ist jemand, der auf Fortbildung steht, bleibt tendenziell da, wo er Fortbildung und Förderung erfährt, oder? Man steht irgendwo hinzukriegen, wo er eine Druck und Geld bekommt.
[00:24:46.500]
Die Frage ist, ist die Fortbildung konzipiert, um noch mehr aus den Leuten raus zu pressen? Oder ist die Fortbildung so konzipiert, dass echt alle davon gewinnen? Und wir erleben sehr oft, dass bei den Auftaktveranstaltungen bei uns Leute von Betriebsrat mit dabei sind. Und wenn die verstehen, wie wir mit den Menschen arbeiten, sind das oftmals gerade die Betriebsräte unsere größten Freunde, weil es um eine Win-Win-Situation geht.
[00:25:11.400]
Tatsächlich, und da draußen scheint es Kollegen zu geben, die
[00:25:15.400]
die irgendwie wie die Axt im Walde auftreten und Leute verschrecken. Ich habe jetzt gerade gehört, da ist eine Trainerkollegin bei einem ehemaligen Kunden von mir aufgeschlagen und hat den Mitarbeitern angedroht, sie Liegestützen machen müssen, wenn sie zu spät kommen.
[00:25:33.500]
Ich stelle das mal vor, das ist ja wie bei der Bundeswehr. Bei der Bundeswehr ist es vielleicht noch begrenzt sinnvoll, weil die Leute sollen ja fit sein.
[00:25:43.400]
Viele Trainings sind, glaube ich, auch mit der falschen Brille gemacht. Tatsächlich sind Unternehmen, die einen höheren Standard anlegen, interessanter als für gute Mitarbeiter, als Unternehmen, wo im Prinzip jeder Standard okay ist. Es gibt so einen Merkspruch, die Leute sagen immer, ich predige immer die Standards, aber das wird nicht so gemacht, wie ich das predige.
[00:26:12.500]
Und die Regel ist, du kriegst nicht die Standards,
die du predigst, sondern du kriegst die, die du tolerierst. Und viele haben tatsächlich, viele Inhaber und Führungskräfte haben Angst, wenn ich jetzt die Standards hochhebe, hauen die Leute dann ab.
[00:26:27.500]
Wer so ein guter Verkäufer, der enorm an Umsatz beteiligt ist, dann geht, dann überlegen die sich das schon. Aber ich glaube, wenn die Standards auch ein vernünftiges Maß angehoben werden, ist die Gesamtunternehmung viel besser dran und langfristiger und stabiler und attraktiver am Arbeitsmarkt. Also da könnte ich jetzt 1000 Argumente liefern.
[00:26:46.600]
Und vor allen Dingen, die werden nicht einfach angehoben und dann wird gesagt, so, hier ist die Latte, jetzt auf zwei Meter springen, sondern es wird ja mit den Leuten geübt, mit den Leuten erarbeitet. Die Leute, die im Ritz-Carlton arbeiten, das ist kein anderes Humankapital als die Leute, die im Novotel hinter der Info schlafen.
[00:27:06.900]
Nix gegen Novotel und auch nichts gegen die Leute. Die sind nur anders geführt. Das sind keine schlechten Menschen. Die haben nur schlechte Standards da. Oder ein noch besseres Beispiel, Dorfgashof zum Spatzen. Wenn Sie mal Katastrophentourismus haben wollen, dann fahren Sie nach Pfarrkirchen, war es glaube ich, gehen Sie ins Hotel zum Spatzen. Da sind die Leute sehr, also da ist der Service sehr tagesformabhängig. Manchmal kommen noch nicht mal Mitarbeiter. Und dann muss man sich sein Frühstück selber machen.
[00:27:37.000]
Aber sehr authentisch.
[00:27:38.200]
Total authentisch, kommt ganz von innen. Wogegen beim Ritz-Carlton arbeiten wahrscheinlich dieselben Leute hier. Wenn sie im Ritz-Carlton arbeiten würden, würden eine hervorragende Dienstleistung abliefern.
[00:27:49.500]
Anderes schönes Beispiel, die Navy SEALs, so eine Elite-Truppe oder die Army Ranger. Fast jede Heeresgattung hat so eine.
[00:27:59.500]
Die haben, ich glaube, auf einen Platz haben die 100 Bewerber und die Auswahl ist gruselig und die Standards, denen die folgen, sind irre hoch. Die haben noch nie in den 70 Jahren ihrer Geschichte einen Kameraden im Feld zurückgelassen, nicht tot, nicht lebendig, nicht in Einzelteilen. Die haben irre hohe Standards und der Rest der amerikanischen Armee, die müssen, also das letzte Mal, als ich nachgeguckt habe, 11 Prozent der Rekruten werden ihnen praktisch von Gerichten zugeschustert. Das sind verurteilte straffällige Täter, denen gesagt wird, willst du zur Armee oder willst du hier in den Knast.
[00:28:43.000]
Und die fragen wahrscheinlich, darf ich noch mal drüber schlafen? Der Richter sagt, nee, darfst du nicht. Musste ich jetzt schon entscheiden. Und dann gehen die zur Armee. Das heißt, auch die Bundeswehr hat ganz arge Rekrutierungsprobleme und wahrscheinlich in vielen Bereichen auch nicht die Standards, die besonders schwierig zu erreichen sind. Also je mehr Meisterschaft gefordert wird und gefördert wird, desto mehr gutes Personal ziehen sie an. Und je schwächer die Standards sind, desto unattraktiver sind sie.
[00:29:17.700]
Also beim Ritz-Carlton bewerben sich viele Leute, bei Mercure nicht genug, um drei Schichten zu betreiben.
[00:29:27.200]
Über den dritten Faktor Sinn und Zweck hatten wir schon geschrieben, also da gibt es auch sehr, sehr schöne Experimente darüber.
[00:29:35.200]
Da sollten Leute aus Lego-Steinen so komplizierte Transformer-Figuren bauen, Studenten, und die kriegten irgendwie fünf Dollar dafür und dürften das so lange machen, bis sie keine Lust mehr hatten. Nein, fünf Dollar für Studenten jetzt auch nicht, für amerikanische Studenten nicht wahnsinnig viel. Und in einer Versuchsanordnung, da wurden die Figuren, die da gebaut hatten, aufgestellt, schön zierten den Raum und in der anderen Versuchsanordnung, der nahm der Versuchsleiter die vor den Augen des Teilnehmers auseinander wieder und schmiss die Einzelteile in eine Kiste.
[00:30:15.500]
Ja und die kriegten bei beiden ihre 5 Dollar pro Figur, auch halt mal welche länger durchgehalten haben. Die, die nachher ihr Werk bewundern konnten, obwohl das natürlich kein wahnsinnig hoher Sinn ist, da so eine Figur anzuschauen, aber wo die sahen, das Ding wird direkt danach wieder verschrottet und kaputt gemacht, die haben sehr schnell aufgehört, obwohl sie dasselbe Geld kriegten. Ja, also wenn schon externe Motivation.
[00:30:43.800]
Ja dann doch am besten durch Anerkennung, oder? Anstatt mit der Möhre, also mit Provisionssystemen.
[00:30:49.400]
Also Anerkennung funktioniert, wie folgendes Experiment hier zeigt, diese Möhrenstrategie, das heißt Provisionssysteme,
[00:31:01.200]
Die funktionieren gar nicht so gut und im Möbelhandel herrscht leider so ein unbedingter Glaube an die Macht der finanziellen Anreize und alle sagen ja die Verkäufer, die würden ja nichts tun, wenn die keine Provision hätten. Die Leute in der Verwaltung, die sind ja anders, die arbeiten noch so. Ich glaube tatsächlich und wir haben es ja schon gesehen, jemand der aus dem Verkauf in die Verwaltung wechselt und da sein Festgehalt kriegt, der arbeitet vernünftig. Also die Idee ist natürlich, meine Möbelverkäufer werden der Provision bezahlt und da verkaufen sie mehr, als sie es mit Festgehalt tun würden. Und in der Realität sind einige Verhaltensweisen widersprechen dieser These, oder Jürgen?
[00:31:44.400]
Ja, wenn ich mir vorstelle, wann wir so einen Möbelverkäufer denn seinen freien Tag haben. Die möchten nur samstags den freien Tag haben, was an sich unlogisch ist, denn dort ist ja das meiste los, sind die meisten Kunden da und die meisten kaufwilligen Kunden, weil ja oft dann Pärchen kommen, wenn zwei Leute eine Entscheidung treffen müssen, die dann beide zusammen sind.
[00:32:01.800]
Und wie lange machen die meisten Verkäufer ihre Mittagspause?
[00:32:05.100]
Ich glaube so lange wie es irgendwie geht und wenn sie doch Glück haben können sie noch alte Zeitungen lesen, was ja auch dem Provisionsgedanken total widerspricht. Da mache ich doch so schnell, dass ich mich wieder auf die Fläche mache und Umsatz schreiben kann.
[00:32:19.900]
Also es ist ja eigentlich, wenn ich aus innerer Motivation verkaufe, ist es mich ja interessanter auf einen neuen Kunden zu treffen, als eine drei Wochen alte Bunde zu lesen. Wann gehen Möbelverkäufer motivierter auf den Kunden zu? Wenn sie umsatzmäßig vorne liegen und eigentlich die Verkäufer gar nicht mehr bräuchten oder wenn sie fast nichts geschrieben haben und sich Sorgen um die nächste Miete machen müssen?
[00:32:43.300]
Ja, wenn ich gerade einen geschrieben habe, sagen die meisten Leute uns, dann bin ich motiviert, drehe mich rum und lege gleich zu dem Nächsten. Das ist natürlich auch noch ein separates Thema, was wir zu einem anderen Podcast nochmal angucken.
[00:32:56.200]
Also schreiben wir auf eine Postkarte hier, kein Problem.
[00:32:59.400]
Nein, ich brauche einen Schluck Wasser.
[00:33:02.000]
Die Frage ist, kann man die Wirksamkeit von Anreizen testen? Sie könnten eigentlich die Hälfte auf Provision und die andere Hälfte auf Festgehalt setzen und mal gucken, wie sich das auf die Verkäufer auswirkt. Aber vielleicht wollen Sie das Risiko so nicht eingehen, ohne noch mehr überzeugt zu werden. Das kann ich Ihnen liefern. Es gab ein faszinierendes Experiment von dem Verhaltenshygieniker Dan Ariely. Und der ist zu der Firma Intel, der Halbleiterfirma Intel, gegangen, in Israel. Der Ariely ist selber Israeli.
[00:33:36.300]
Und die haben die Mitarbeiter, die da am Band saßen, relativ stupide, aber sehr komplizierte Sachen da machen mit diesen Halbleitern, die haben sie in vier Gruppen geteilt.
[00:33:49.000]
Beschrieben wird das in dem Buch "Payoff: The Hidden Logic That Shapes Our Motivations". Ist glaube ich auf Deutsch noch nicht erschienen, aber ich habe es mal unten verlinkt.
[00:33:56.900]
Diese vier zufällig zusammengestellten Gruppen von Arbeitern bekamen am ersten Tag ihrer Arbeitswoche morgens per E-Mail folgende Belohnung für den Fall versprochen, dass sie an diesem Tag ihre Vorgabe erreichen und über erfüllen. Gruppe 1 bekam einen Geldanreiz. Sie erhalten heute ungefähr 25 Euro, wenn sie ihre Vorgaben erreichen.
[00:34:19.100]
Viel Glück! Die zweite Gruppe kriegte einen Pizza-Gutschein in Aussicht gestellt. Wenn Sie heute Ihre Vorgabe erreichen, bekommen Sie einen Pizza-Gutschein.
[00:34:28.300]
Und die dritte Gruppe erhielt via WhatsApp per SMS eine Anerkennung vom Chef persönlich.
[00:34:35.200]
Ja, da stand nur drin "well done" oder so, also auch. Sie kriegen heute Abend, wenn Sie drüber liegen, eine SMS vom Chef. Und wie immer bei vernünftigen, wissenschaftlichen Studien gab es eine Kontrollgruppe. Die Gruppe Nummer vier, die kriegte keine E-Mail, keine Belohnung. Die hat von dem Ganzen nichts mitgekriegt. So, in welche Gruppen werden Ihre Produktivität denn wie viel über die Kontrollgruppe steigern? Was meinen Sie? Bevor Sie weiterhören, geben Sie mal einen Tipp ab. Jürgen, was meinst du, wer hat gewonnen?
[00:35:05.800]
Also ich glaube, dass die Sache mit der Chef-SMS, glaube ich, einen ganz hohen Stellenwert einnimmt.
[00:35:13.700]
Ja, du liegst so richtig. Das Thema Anerkennung ist aus unserer eigenen Erfahrung und auch aus der psychologischen Literatur enorm stark, aber tatsächlich war der Gewinner die Pizza. Die erhöhte die Produktivität um 6,7%, was bei Intel in der Halbleiterproduktion schon eine Menge Geld ausmacht. Und ja, ich mag auch Pizza und finde das nachvollziehbar, aber die Ökonomen haben da erstmal rumgegrübelt. Denn für die 25 Euro Cash-Bonus kann man sicher mehr als eine Pizza kaufen und in Israel sowieso wahrscheinlich. Das heißt, warum haben die eine Pizza, die, naja, eine Mitbring-Pizza wird zu 11 Euro kosten, oder? In Deutschland, in Israel damals vor 15 Jahren, aber das war wahrscheinlich eher so 5 bis 6.
[00:36:04.700]
Warum wollten die lieber eine Pizza als die 25 Euro Cash? Und ich glaube, die Antwort liegt tatsächlich in dem, was du gesagt hast.
[00:36:13.400]
Ist so ein Anerkennungsfaktor mit dabei.
[00:36:16.100]
Also ich glaube, die kamen nach Hause und haben gesagt, Schatz, wir müssen heute Pizza bestellen. Warum denn? Ja, weil ich habe einen Pizza-Gutschein gewonnen. Ja, ich war heute überdurchschnittlich produktiv. Und deswegen habe ich eine Belohnung gekriegt. Es hat einen Wert nach draußen. Tatsächlich hat der Denner Rayleigh versucht, die Intel-Manager zu überreden, die Pizza selber den Leuten nach Hause zu bringen. Ich glaube, dann wäre der Wert nochmal doppelt so hoch gewesen, wenn der Chef kommt und sagt, ah, Sie sind Frau sowieso, der Herr sowieso, Ihr Partner hat hier einen Job gut gemacht, hier ist eine Pizza. Haben sie nicht hingekriegt.
[00:36:54.300]
Die simple SMS, wesentlich besser wäre natürlich gewesen, wenn die sich tatsächlich am nächsten Tag dann an die Produktionsstraße begeben hätten und denen das mündlich ausgerichtet hätten. Simple SMS, gut gemacht vom Chef. Mit 6,6% Produktivitätssteigerung, also nur zum Vergleich. Mit null Kosten. Ja, null Kosten. Und 6,7% war die Pizza, also wir reden über 0,1%-Punkt.
[00:37:22.300]
War eine echte Alternative. Kosten gleich null.
[00:37:26.500]
Und dieser Effekt ist der, den wir in unserer Führungsarbeit nutzen, in unserem Programm nutzen und den wir auch den Führungskräften unserer Kunden, sagen wir mal, sehr energisch und fast penetrant mitgeben.
[00:37:40.100]
Ich habe unten noch zwei Artikel verlinkt zum Thema Anerkennung. Einmal kann so viel Anerkennung schaden, den Blödsinn hören wir immer wieder und warum so viele Möbelverkäufer innerlich gekündigt haben. Kleiner Spoiler, fehlende Anerkennung. Ja, der Cash-Bonus lag mit 4,9% Produktivitätssteigerung abgeschlagen auf Platz 3.
[00:38:04.500]
Das bringt Ökonomen natürlich zum Grübeln, Praktiker wie uns aber nur zum Nicken.
[00:38:10.600]
Und interessanter sind aber noch die mittelfristigen Auswirkungen der drei Motivationsstrategien in den folgenden Tagen der Arbeitswoche. Denn in den folgenden Tagen gab es für keine der vier Gruppen Anreize. Also es gab nur am Montag einen Anreiz und danach war wieder alles wie immer.
[00:38:28.000]
Interessanterweise, schon am zweiten Tag fiel die Gruppe, die am ersten Tag diesen Cash-Bonus bekommen hatte, unter das Niveau der Kontrollgruppe. Wahnsinn! Das heißt, sie produzierten weniger, als wenn sie niemals, also, als wenn sie niemals einen Bonus bekommen hätten. Auf die gesamte Woche gesehen schafft diese Gruppe 6,5% weniger, als die, die einen Anreiz bekommen hatten.
[00:38:50.200]
Das heißt, durch diesen Cash-Bonus wurde insgesamt Motivation kaputt gemacht.
[00:38:56.400]
Man hätte natürlich jeden Tag wieder den Cash-Bonus ausloben können. Tatsächlich gewöhnen sich aber die Leute auch da dran. Sonst wären ja Investmentbanker die motiviertesten und verantwortungsvollsten Leute, die es gibt.
[00:39:09.900]
Die kriegen ja Boni von zum Teil mehreren hunderttausend Euro pro Jahr. Einige meiner Freunde sind da drunter. Die schimpfen die ganze Zeit über ihre Firma und wie blöd die sind. Und wenn die einmal 20 Prozent weniger Bonus bekommen, dann verlassen die die Firma und zeigen ihrem Chef den Finger. Also das ist so eine Strategie, diese Cash-Moringen-Strategie, die nutzt sich ganz schön schnell ab. Und wenn man damit aufhört, dann ist Schicht im Schacht.
[00:39:38.200]
Jetzt bin ich natürlich neugierig, was ist mit der Pizza-Anerkennung und mit der SMS-Anerkennung geworden?
[00:39:44.500]
Tatsächlich, die Pizza- und die SMS-Anerkennung wirkte vom ersten Tag weiterhin auch an den Folgetagen. Bis zum Wochenende.
[00:39:54.000]
Allerdings mit abnehmender Tendenz, aber in den ganzen Folgetagen bis zum Wochenende lagen diese Gruppen, die die Pizza und die SMS-Anerkennung bekommen hatte, über der Kontrollgruppe und weit über der Gruppe, die den Cash-Bonus bekommen hatte. Also es gibt auch, ich weiß nicht ob von AYELI, ich gucke das gleich noch mal nach, ein interessantes Experiment. Da wurden Schulkinder, erste, zweite Klasse, wurden in zwei, also zwei Klassen zufällig ausgewählt. Die eine Klasse, da kamen die Forscher rein und verteilten Papier und Buntstifte und was machen und sagten macht was ihr wollt. Wir machen hier, machen hier ein Experiment. Was machen gesunde Kinder?
[00:40:37.600]
Wir fangen an zu malen, das ist Vollgas.
[00:40:40.000]
Ja, also kleine Kinder, die malen so gerne, dass man sie davon abhalten muss, den Boden oder die Wände zu bemalen, ist mir aufgefallen.
[00:40:47.800]
Dann in der anderen Klasse, zufällig ausgewählt, die andere Klasse, wurde gesagt, hier Buntstifte und Papier und das die schönsten drei Bilder, die kriegen, werden mit einer Medaille belohnt.
[00:41:03.200]
Geld darf man aus ethischen Gründen Kindern nicht geben, aber die kriegt irgendeine Medaille. Und die haben gemalt. Nach einem Monat sind die Forscher wieder in die selben beiden Klassen, in die selben beiden Gruppen gegangen, und zuerst mal in die Kontrollgruppe haben wir einfach Stifte hingelegt und genauso am ersten Mal haben die dann angefangen zu malen, bis gesagt wird, Schluss die Bus. Was meinst du, was ist bei denen passiert, die beim ersten Mal die Medaille gekriegt hatten, oder zumindest eine Aussicht gestellt gekriegt hatten für die Besten?
[00:41:34.900]
Zeichnung. Die haben bestimmt danach gefragt, was gibt es diesmal, oder? Genau, Vorsprünge mit der Medaille. Und tatsächlich haben völlig gesunde Kinder sich geweigert zum Halen, weil es gab ja keine Medaille mehr.
[00:41:46.000]
Das heißt, ein Verhalten, das von sich aus intrinsisch bei jedem gesunden Kind angelegt ist, wurde denen in kürzester Zeit durch das Mohrrüben-Prinzip ausgetrieben. So, jetzt, bevor sie rausgehen und allen Leuten das Gehalt streichen, das heißt natürlich nicht, dass sie ihre Möbelverkäufer nicht mehr bezahlen müssen. Aber die psychologische Forschung zeigt zunehmend, dass Geld einfach nur ein Hygienefaktor ist. Wenn das Gehalt als unfair empfunden wird oder nicht zum Leben reicht, dann ruiniert das die Motivation blitzschnell. Ist die Bezahlung fair, dann haben andere Motivationsinstrumente eine wesentlich bessere Wirkung.
[00:42:26.000]
Nicht diese morüben Cash-Anreize, nach dem Strickmuster, wenn du X tust, bekommst du Y-Euro. Die führen sehr schnell zur Abhängigkeit von diesem Bonus. Und übrigens auch zu witzigem, intelligentem Verhalten. Manchmal sieht man, dass die Verkäufer in der Mitte des Monats die Verkäufe komplett abbrechen, gerade in schwächeren Monaten. Danach läuft fast gar nichts mehr.
[00:42:48.600]
Also nach dem Motto, den Monat kriegen wir eh unser Ziel nicht erreicht, dann können wir gleich schon Schluss machen, oder?
[00:42:52.800]
Genau. Die wissen, sie kommen auf Festgehalt raus und machen entweder nichts mehr oder sparen sich den Umsatz fürs nächste Mal auf. Wir haben ja auch mal, sagen wir mal, provisionsabhängig verkauft und auch lustige Geschichten gemacht. Es gibt auch übrigens, schön ist auch, wenn es bestimmte Schwellen gibt, ab 80.000 kriegst du dann statt 2%-3%-Bonus. Oder ab 100.000 kriegst du dann nochmal 1% auf alles drauf.
[00:43:25.000]
Das sorgt dafür, dass wie in so einem Fahrradrennen-Peloton immer einer nach vorne geschoben wird. Der holt sich dann den 100.000 Euro-Bonus, die anderen geben ihm notfalls ein paar Verträge ab und dann verteilen die nachher das Geld um.
[00:43:42.600]
Das heißt, diese Cash-Faktoren, mit denen kann man auch unerwünschtes Verhalten ganz schön leicht kriegen. Und wir erziehen es den Leuten im Prinzip ab, freiwillig das zu tun, wofür wir sie belohnen. Denn das Unterbewusstsein registriert, wenn ich dafür bezahlt wäre, dann muss das so blöd sein, dass ich es ohne Anreiz nicht machen würde. Und also ein typischer Fall von extrinsischer Motivation, die intrinsische, ich verkaufe gerne, ich mache gerne Leute mit Möbeln glücklich, wird durch eine extrinsische Geld ersetzt.
[00:44:22.500]
Als wir noch überwiegend erfolgsabhängig in Möbelhäusern gearbeitet haben, da hatten wir einen Wachstumswettbewerb für Möbelverkäufer. Damals hat Chris Eifel noch gelebt und wir hatten wirklich auf Mallorca eine Wohnung, die wir fest gemietet hatten, schöne Ecke, ein bisschen außerhalb von Ballermann.
[00:44:40.300]
Und zu gewinnen gab es nie Geld, sondern immer nur eine Reise, Reisegutscheine und dann ein Candlelight-Dinner in einem schönen Restaurant.
[00:44:50.300]
Wir haben natürlich die Kellner dort eingesungen, dass sie dann eine Karte von uns abgegeben haben und einen Blumenstrauß und Kerzen und eine Flasche Champagner und so.
[00:45:03.700]
Und das war natürlich auch an Erkennung. Die konnten dann ihrem Partner oder ihrer Partnerin sagen, du, wir müssen nach Mallorca. Warum denn? Ja, weil ich habe gewonnen. Ich bin der Beste. Und wir haben übrigens nicht den Gesamtumsatz, sondern Umsatzzuwachs immer bewertet. Denn wir haben ja auch unser Geld auf den Zuwachs gekriegt. Also zwei Jahre haben wir auf unsere Kosten so ein Apartment gemietet. Und auf sie wartet ein Blumenstrauß, eine handgeschriebene Glückwunschkarte, all diese Kleinigkeiten machen wahnsinnig was aus. Und einige Teilnehmer erzählen mir heute noch von der Aktion.
[00:45:37.100]
Wenn ich dran denke, wie viele Fotos die geschossen haben und nachher den Leuten gezeigt haben, wie lange das da nachgebrannt hat, sieht man auch daran.
[00:45:44.500]
Und die Bude hat uns damals 1500 Euro pro Monat gekostet.
[00:45:52.200]
Die Umsatzzuwächse und die Provision, die wir da drauf gekriegt haben, die waren enorm. Also das hat wirklich hervorragend funktioniert. Ja, wenn Sie sich mal über Motivationsstrategien für Ihre Mitarbeiter austauschen möchten, dann machen Sie einen kostenlosen Telefontermin, eine Verkaufspotentialanalyse für uns. Den Link haben wir Ihnen unten eingestellt. Ja, das war's für heute, Jürgen. Ja, ich hoffe, Sie hatten Spaß beim Zuhören und freuen sich auf das nächste Thema.