[Video] - Marketing ist die Kunst, den vom Kunden wahrgenommenen Wert der Dienstleistung zu beeinflussen

[Video] - Marketing ist die Kunst, den vom Kunden wahrgenommenen Wert der Dienstleistung zu beeinflussen

Marketing - Rory Sutherland

Viele mittelständische Möbelhändler und ihre Verkäufer bieten exzellente Beratung und überragenden Service - nur der Kunde nimmt das nicht wahr. 

Marketing ist die Kunst, die Wahrnehmung einer Dienstleitung oder eines Produkts zu verändern (das geht mit Kommunikation), nicht das Produkt an sich (das kostet meistens viel Geld).

Rolex, Harley-Davidson und Starbucks haben es geschafft, nicht für Ihr Produkt bzw. Dienstleistung sondern für die Wahrnehmung des Kunden bezahlt zu werden. 

Dieser witzige Vortrag von Rory Sutherland auf Ted.com (so eine Art YouTube für kluge Menschen) , eines der besten Werbefachleute der Welt erklärt Ihnen wie (Englisch mit Untertiteln). Darunter finden Sie die deutsche Transkription.

 

0:11 Dies ist mein erstes Mal bei TED. Normalerweise - als ein Mann, der in der Werbung arbeitet - spreche ich eigentlich bei TED Böse, der geheimen Schwesterorganisation von TED -- derjenigen, die alle Rechnungen bezahlt. Sie findet alle zwei Jahre in Birma statt. Insbesondere erinnere ich mich an einen sehr guten Vortrag von Kim Jong Il darüber, wie man Teenager wieder zum Rauchen bewegt. (Gelächter)

0:31 Plötzlich, nach Jahren Arbeit in der Werbe-Industrie, habe ich erkannt, dass das, was wir in der Werbung produzieren, also immateriellen Wert -- man kann ihn wahrgenommenen Wert nennen oder vielleicht "Badge Value" (Renommee), subjektiven Wert, irgendeine Art von immateriellem Wert also -- einen ziemlich schlechten Ruf hat. Überlegen Sie sich Folgendes: Wenn man in Zukunft in einer Welt leben möchte, in der es weniger materielle Güter gibt, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Entweder lebt man in einer ärmeren Welt, was Menschen im Allgemeinen nicht gefällt. Oder man lebt in einer Welt, in welcher immaterieller Wert einen größeren Teil des Gesamtwerts ausmacht, In der Tat ist immaterieller Wert, auf viele Arten, bei der Herstellung von Dingen ein sehr, sehr guter Ersatz für den Verbrauch von Arbeit oder begrenzten Ressourcen.

1:11 Hier ein Beispiel: Dies ist ein Zug, der von London nach Paris fährt. Die Frage, die vor ungefähr 15 Jahren einer Gruppe von Ingenieuren gestellt wurde, war: "Wie verbessern wir die Reise nach Paris?" Und sie entwickelten eine sehr gute Ingenieur-Lösung, die daraus bestand, sechs Milliarden Pfund auszugeben und komplett neue Schienen von London an die Küste zu verlegen, und somit eine dreieinhalbstündige Reise um ca. 40 Minuten zu verkürzen. Sie können mich ruhig wählerisch nennen. Ich bin nur ein Werbe-Fachmann... ... aber ich finde den Ansatz, um eine Zugreise zu verbessern, sie lediglich kürzer zu machen, leicht phantasielos. Wie hoch sind nun die hedonistischen Opportunitätskosten, wenn man sechs Milliarden Pfund für diese Gleise ausgibt?

1:45 Hier ist der naive Vorschlag es Werbe-Fachmanns. Was man tun sollte, ist die besten männlichen und weiblichen Supermodels der ganzen Welt anheuern und sie dafür bezahlen, die Länge des Zugs auf- und abzuflanieren und die gesamte Fahrt über kostenlosen Château Pétrus auszuschenken. (Gelächter)(Applaus) So hätte man immer noch ca. drei Milliarden übrig und die Leute würden darum bitten, die Züge langsamer zu machen. (Gelächter)

2:09 Hier noch eine Frage von einem naiven Werbe-Fachmann. Und die zeigt, dass Ingenieure, Mediziner, Wissenschaftler, davon besessen sind, Probleme der Wirklichkeit zu lösen, obwohl doch die meisten Probleme - sobald eine Gesellschaft ein Mindestmaß an Wohlstand erreicht hat – eigentlich Wahrnehmungsprobleme sind. Also stelle ich Ihnen eine andere Frage: Was zum Kuckuck soll denn an Plazebos schlecht sein? Mir erscheinen sie fantastisch. Die Entwicklungskosten sind außerordentlich gering. Sie haben eine ausgesprochen gute Wirkung. Sie haben keine Nebenwirkungen, oder wenn doch, dann sind sie lediglich eingebildet, und man kann sie guten Gewissens ignorieren. (Gelächter)

2:41 Ich habe dies also diskutiert. Und ich ging auf den Blog "Marginal Revolution" von Tyler Cowen. Ich weiß nicht, ob den irgendjemand kennt. Jemand schlug tatsächlich vor, man könne dieses Konzept noch weiter treiben und ein Plazebo-Bildungssystem einführen. Der springende Punkt ist, dass Bildung nicht dadurch funktioniert, dass einem tatsächlich Dinge beigebracht werden. Es funktioniert in Wirklichkeit dadurch, dass einem der Eindruck vermittelt wird, man hätte eine gute Bildung genossen, was einem wiederum einen wahnsinnigen Sinn von unverdientem Selbstbewusstsein gibt, was einen im späteren Leben sehr, sehr erfolgreich macht. Willkommen in Oxford, meine Damen und Herren. (Gelächter)(Applaus)

3:09 Aber diese Idee mit der Plazebo-Bildung ist wirklich interessant. Wie viele Probleme im Leben können doch tatsächlich dadurch gelöst werden, dass man mit der Wahrnehmung spielt, anstatt dass man sich an dieser mühevollen, schwierigen und hässlichen Aufgabe, die Wirklichkeit tatsächlich zu verändern, versucht? Hier ist ein großartiges Beispiel aus der Geschichte. Ich habe gehört, dass es auch einigen anderen Königen zugeschrieben wird, aber nach ein paar geschichtlichen Nachforschungen scheint es Friedrich der Große gewesen zu sein. Es war Friedrich dem Großen von Preußen ein wichtiges Anliegen, dass die Deutschen die Kartoffel annehmen und essen sollten. Denn er hatte erkannt, dass man eine geringe Volatilität des Brotpreises erreichen kann, wenn es zwei Quellen von Kohlenhydraten gibt: Weizen und Kartoffeln. Und man reduziert das Risiko einer Hungernot, wenn man statt einer zwei Feldfrüchte hat, auf die man zurückgreifen kann.

3:43 Das Problem ist nur: Kartoffeln, wenn man mal darüber nachdenkt, sehen ziemlich widerlich aus. Darüber hinaus aßen die Preußen des 18. Jahrhunderts sehr, sehr wenig Gemüse -- ungefähr so wie heutzutage die Schotten. (Gelächter) Also machte er den Anbau der Kartoffel verbindlich. Die preußischen Bauern sagten: "Wie kriegen nicht einmal die Hunde dazu, diese elenden Dinger zu fressen. Sie sind absolut widerlich und für nichts zu gebrauchen." Es gibt sogar Aufzeichnungen, dass Leute hingerichtet wurden, weil sie sich weigerten, Kartoffeln anzubauen.

4:07 Also versuchte er es mit Plan B. Er probierte die Marketing-Lösung, die darin bestand, die Kartoffel zum königlichen Gemüse zu erklären. Und niemand außer der königlichen Familie dürfe sie essen. Und er ließ einen königlichen Kartoffel-Garten anlegen, mit Wachmännern, die Anweisung hatten, ihn Tag und Nacht zu bewachen, aber mit der geheimen Anweisung, ihn nicht besonders gut zu bewachen. (Gelächter) Nun, die Bauern im 18. Jahrhundert wussten, dass es eine ziemlich sichere Regel im Leben gibt, die lautet: Wenn etwas wert ist, bewacht zu werden, dann ist es auch wert, gestohlen zu werden. Nach kurzer Zeit gab es in Deutschland eine massive Untergrund-Kartoffelzucht. Er hatte somit die "Marke Kartoffel" effektiv umetikettiert. Es war ein absolutes Meisterstück.

4:40 Ich habe diese Geschichte erzählt, und ein Mann aus der Türkei kam auf mich zu und sagte: "Sehr, sehr gutes Marketing von Friedrich dem Großen. Aber er kommt noch nicht an Atatürk heran." Atatürk, fast so wie Nicolas Sarkozy, wollte die Türken davon abbringen, einen Schleier zu tragen, um die Türkei zu modernisieren. Nun, langweilige Menschen hätten einfach den Schleier verboten. Aber das hätte eine Menge negativer Konsequenzen gehabt und höllischen Widerstand provoziert. Atatür war ein Querdenker.Er machte es verbindlich, dass Prostituierte den Schleier tragen mussten. (Gelächter) (Applaus)

5:11 Ich kann das nicht vollständig belegen. Aber es ist auch egal. Da habt ihr übrigens eure Lösung zum Umweltproblem, Leute: Alle verurteilten Kinderschänder müssen einen Porsche Cayenne fahren.(Gelächter) Atatürk hatte zwei fundamentale Dinge erkannt. Zum einen, dass jeder Wert in Wirklichkeit relativ ist. Jeder Wert ist ein wahrgenommener Wert.

5:34 Für alle, die kein Spanisch sprechen: "Jugo de naranja" ist Spanisch für "Orangensaft". Denn es ist eigentlich nicht der Dollar, sondern der Peso in Buenos Aires. Sehr clevere Straßenverkäufer in Buenos Aires entschieden sich, Preis-Diskriminierung zu Lasten dahergelaufener Gringo-Touristen zu betreiben.Als Werbe-Fachmann muss ich das bewundern.

5:48 Aber der erste Punkt, der hier verdeutlicht wird, ist dass jeder Wert subjektiv ist. Der zweite ist, dass Überzeugung oft besser ist als Zwang. Diese komischen Schilder, die einem die eigene Geschwindigkeit anzeigen - einige von den neueren, rechts unten, zeigen einem nun tatsächlich entweder ein lachendes oder weinendes Gesicht, um als emotionaler Auslöser zu fungieren. Faszinierend an diesen Schildern ist, dass diese Schilder nur rund 10 Prozent der Betriebskosten einer konventionellen Radarfalle kosten, aber doppelt so viele Unfälle verhindern. Die bizarre Tatsache also, die herkömmlich klassisch ausgebildete Ökonomen verblüfft, ist, dass ein komisches kleines lachendes Gesicht eher zu einer Verhaltensänderung führt als die Androhung von 60 £ Strafe und drei Punkten im Verkehrsregister.

6:24 Winziges verhaltensökonomisches Detail: In Italien werden Punkte für Verkehrssünden rückwärts gezählt.Man fängt mit zwölf an und die werden dann abgezogen. Denn sie haben herausgefunden, dass Verlust-Vermeidung das menschliche Verhalten stärker bestimmt. In Großbritannien neigen wir dazu zu denken: "Wow! Hab noch drei gekriegt!" Nicht so in Italien.

6:40 Ein weiterer fantastischer Fall, in dem immaterieller Wert erzeugt wurde, um tatsächlichen oder materiellen Wert zu ersetzen, wobei es, Sie erinnern sich, in der Umweltschutzbewegung gehen muss:Der Fall ist wiederum aus Preußen, ich glaube um 1812, 1813. Die wohlhabenden Preußen wurden dazu aufgerufen, um den Krieg gegen die Franzosen zu unterstützen, all ihren Schmuck abzugeben. Der Schmuck wurde dann durch gusseiserne Nachbildungen ersetzt. Hier ist eine: "Gold gab ich für Eisen, 1813." Interessant ist, dass für die nächsten 50 Jahre der höchstangesehene Schmuck, den man in Preußen tragen konnte, nicht aus Gold oder Diamanten bestand. Er war gusseisern. Denn, vom eigentlichen intrinsischen Wert, Goldschmuck zu besitzen, mal abgesehen, hatte dieser symbolischen Wert. Er zeigte an, dass die eigene Familie in der Vergangenheit große Opfer gebracht hatte.

7:22 Das moderne Gegenstück wäre natürlich dieses hier: (Gelächter) Aber, es gibt im Übrigen so etwas -- genau wie es Veblen-Güter gibt, deren Wert davon abhängt, dass sie teuer und selten sind, so gibt es im Gegenzug Güter, deren tatsächlicher Wert darin begründet liegt, dass sie allgegenwärtig, klassenlos und minimalistisch sind.

7:38 Wenn man darüber nachdenkt, waren die Shaker eine Proto-Umweltschutz-Bewegung. Adam Smith spricht über das 18. Jahrhundert in Amerika, wo das Verbot gegen die Zurschaustellung des eigenen Wohlstands so groß war, dass es fast die Wirtschaft in Neuengland blockierte, denn selbst wohlhabende Bauern konnten keine Artikel finden, für die sie Geld ausgeben konnten, ohne das Missfallen ihrer Nachbarn auf sich zu ziehen. Es ist absolut möglich, solchen sozialen Druck zu aufzubauen, der zu egalitäreren Gesellschaften führt.

8:00 Es ist auch interessant, Produkte zu betrachten, die einen großen Anteil von dem, was man Ausstrahlungswert nennen kann, haben, also einem großen Anteil von immateriellem Wert gegenüber ihrem intrinischen Wert: Diese Produkte sind oftmals ziemlich egalitär. Bei der Kleidung ist vielleicht der Jeans-Stoff das perfekte Beispiel, bei dem symbolischer Wert den materiellen ersetzt. Coca-Cola. Vielleicht sind einige von Ihnen ein Haufen Sozialisten, und Sie mögen möglicherweise den Coca-Cola-Konzern nicht besonders. Aber es lohnt sich, sich Andy Warhols Worte über Cola in Erinnerung zu rufen.Andy Warhol sagte über Cola: "Was mir ganz besonders an Coca-Cola gefällt, ist die Tatsache, dass der Präsident der Vereinigten Staaten keine bessere Cola bekommen kann als ein Penner an der Straßenecke." Nun, das ist etwas, was wir - wenn man darüber nachdenkt - eigentlich als selbstverständlich hinnehmen -- doch ist es in Wirklichkeit eine beeindruckende Leistung, etwas zu produzieren, was so demokratisch ist.

8:40 Nun, wir müssen unsere Sichtweise ein wenig verändern. Es gibt diese grundsätzliche Sicht der Dinge, dass zu echtem Wert das Herstellen von Dingen und physische Arbeit gehört. Dass Technik dazugehört.Dass begrenzte Rohstoffe dazugehören. Und dass das, was wir dem noch hinzufügen, was wir oben aufsatteln, irgendwie künstlich ist. Dass es unecht ist. Und es gibt Gründe für einige dieser Vorbehalte und Unsicherheiten. Sicherlich geht dies schon in die Richtung von Propaganda. Dennoch müssen wir jetzt ein deutlich vielfältigeres Medien-Ökosystem schaffen, in welchem man diese Art von Wert erschaffen kann. Und es ist auch viel fairer.

9:09 Als ich aufgewachsen bin, war dies im Grunde die Medienlandschaft meiner Kinderheit - übersetzt in Nahrung. Man hatte einen Monopol-Lieferanten. Auf der linken Seite haben Sie also Rupert Murdoch oder die BBC. (Gelächter) Und auf der rechten Seite haben Sie eine abhängige Öffentlichkeit, die jämmerlich dankbar für alles ist, was man ihr gibt. (Gelächter)

9:25 Heutzutage ist der Benutzer tatsächlich involviert. Dies ist übrigens, was in der digitalen Welt "nutzergenerierter Inhalt" genannt wird. Obwohl es in der Welt der Nahrung Landwirtschaft genannt wird.(Gelächter) Dies nennt man "Mash-Up", wenn man Inhalte nimmt, die jemand anderes hergestellt hat, und daraus etwas Neues macht. In der Welt der Nahrung nennt man das Kochen. Dies hier ist Nahrung 2.0,also Nahrung, die zu dem Zweck, sie mit anderen zu teilen, hergestellt wird. Dies ist tragbares Essen. Die Briten können das sehr gut. Fisch mit Pommes in Zeitungspapier, Hefetaschen aus Cornwall, Pies, das Sandwich. Wir haben die allesamt erfunden. Wenn es ums Essen allgemein geht, sind wir nicht so besonders. Italiener machen hervorragendes Essen, doch im Allgemeinen nichts besonders tragbares.(Gelächter)

10:06 Ich habe Folgendes erst vor Kurzem erfahren: Der Earl of Sandwich hat gar nicht das Sandwich erfunden.Er erfand den Toasty. Aber andererseits, "Earl von Toasty" wäre ein lächerlicher Name. (Gelächter)

10:12 Schließlich haben wir kontextuelle Kommunikation. Nun, der Grund, warum ich Ihnen Pernod zeigen -- er ist nur ein Beispiel. Jedes Land hat ein eigenes kontextuelles alkoholisches Getränk. In Frankreich ist es Pernod. Es schmeckt toll innerhalb der Grenzen des jeweiligen Landes. Aber vollkommen beschissen, wenn man es sonst irgendwohin mitnimmt. (Gelächter) Zum Beispiel Unicum in Ungarn. Den Griechen ist es sogar gelungen, etwas herzustellen - Retsina -, das selbst beschissen schmeckt, wenn man in Griechenland ist. (Gelächter)

10:35 Aber so viel Kommunikation ist heutzutage kontextuell, dass die Fähigkeit, Leute zu etwas zu bringen,ihnen bessere Informationen zu geben -- B. J. Fogg, von der Stanford-Universität, argumentiert, dass das Mobiltelefon -- Er hat die Phrase "Überzeugungstechnologie" erfunden. Er glaubt, dass das Mobiltelefon, da es ortsgebunden, kontextuell, zeitnah und unmittelbar ist, schlichtweg das großartigste Überzeugungstechnologie-Gerät ist, das je erfunden wurde.

10:55 Wenn wir nun alle diese Mittel zur Verfügung haben, müssen wir uns einfach die Frage stellen - und Thaler und Sunstein haben dies getan -, wie wir diese intelligenter einsetzen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel.Wenn man zuhause einen solchen großen, roten Knopf an der Wand hätte, und jedes Mal, wenn man ihn drückte, 50 Dollar für einen gespart würden, 50 Dollar in die persönliche Altersversorgung gezahlt würden, dann würde man sehr viel mehr sparen. Der Grund hierfür ist, dass die Benutzeroberfläche das Verhalten grundlegend bestimmt. Okay?

11:18 Nun, das Marketing war sehr, sehr erfolgreich dabei, Gelegenheiten für Impuls-Käufe zu schaffen. Doch haben wir noch nie die Gelegenheit für Impuls-Sparen geschaffen. Täte man dies, würden mehr Leute mehr sparen. Es geht nur darum, die Schnittstelle zu verändern, durch welche Leute ihre Entscheidungen fällen. Und die Art der Entscheidung verändert sich gleichsam mit. Natürlich will ich nicht, dass Leute dies tun, denn als Werbe-Fachmann tendiere ich dazu, Sparen nur als grundlos aufgeschobenes Konsumverhalten zu betrachten. (Gelächter) Aber wollte das jemand tun, dann sind es tatsächlich diese Arten von Dingen, über die wir nachdenken müssen: grundlegende Gelegenheiten, um menschliches Verhalten zu verändern.

11:51 Ich habe hier ein Beispiel aus Kanada. Es gab einen jungen Praktikanten bei 'Ogilvy Canada', namens Hunter Somerville, der im Improvisationstheater in Toronto arbeitete, und einen Halbtagsjob in der Werbung bekam. Ihm wurde die Aufgabe übertragen, Shreddies zu bewerben. Nun, dies hier ist der perfekte Fall, in dem einem Produkt zusätzlicher immaterieller Wert hinzugefügt wurde, ohne es auch nur im Geringsten zu verändern. Shreddies sind komische, quadratische, Vollkorn-Frühstücksflocken, die es nur in Neuseeland, Kanada und Großbritannien gibt. Es ist wohl die ganz eigene Art der Firma Kraft, Loyalität zur Krone zu belohnen. (Gelächter) Als er sich damit beschäftigte, wie man Shreddies neu auf den Markt bringen könnte, kam er auf Folgendes:

12:38 Video: (Warnsignal) Mann: Shreddies müssen quadratisch sein. (Gelächter)

12:48 Frau: Sind irgendwelche von diesen karo-förmigen rausgegangen? (Gelächter)

12:53 Offkommentar: Die neuen Karo-Shreddies. Dieselben 100 Prozent Vollkornweizen in einer köstlichen Karo-Form. (Applaus)

13:02 Rory Sutherland: Ich bin mir nicht sicher, ob dies nicht das perfekte Beispiel von der Herstellung immateriellen Werts ist, das es gibt. Alles, was man dafür braucht, sind Photonen, Neuronen, und eine großartige Idee. Ich würde sagen, es ist genial. Aber man kann dies natürlich nicht ohne ein bisschen Marktforschung machen.

13:14 Mann: Also, Shreddies stellen nunmehr ein neues Produkt her, was sehr aufregend für sie ist. Sie führen die neuen Karo-Shreddies ein. (Gelächter) Ich würde jetzt gerne Ihren ersten Eindruck wissen, wenn Sie dies sehen, wenn Sie die Karo-Shreddies-Verpackung dort sehen. (Gelächter)

13:34 Frau: Waren die nicht mal quadratisch?

13:36 Frau 2: Ich bin ein bisschen verwirrt. Frau 3: Für mich sehen die wie die Quadrate aus.

13:38 Mann: Sie -- Ja, es hängt alles an der Erscheinungsform. Aber es ist ungefähr so, als ob man eine Sechs umdreht oder eine Neun auf den Kopf stellt wie eine Sechs. Wenn man sie auf den Kopf stellt, sieht die Sechs wie eine Neun aus. Aber es besteht ein großer Unterschied zwischen einer Sechs und einer Neun.

13:48 Frau 3: Oder zwischen einem "M" und einem "W". Mann: Ein "M" und ein "W", genau.

13:50Mann 2: [undeutlich] Es sieht so aus, als hätten Sie ihn nur gedreht. Aber wenn man ihn so sieht, sieht er interessanter aus.

13:57Mann: Probieren Sie einfach beide. Nehmen Sie zunächst einen quadratischen. (Gelächter) Mann: Welchen bevorzugen Sie? Mann 2: Den ersteren.

14:16Mann: Den ersten? (Gelächter)

14:20Rory Sutherland: Es entzündete sich natürlich eine heiße Debatte. Es gab - wenig überraschend - konservative Elemente in Kanada, die diese Störung verabscheuten. Schlussendlich sind die Produzenten dann einen Kompromiss eingegangen: das Kombo-Pack. (Gelächter) (Applaus) (Gelächter)

14:50Wenn Sie das für lustig halten, denken Sie daran, dass es eine Organisation gibt, das Amerikanische Institut für Wein-Wirtschaft, die ausgedehnte Wahrnehmungsstudien durchführt, und herausgefunden hat, dass es - vielleicht fünf oder zehn Prozent von Sachkundigen ausgenommen - keinen Zusammenhang zwischen der Qualität eines Weines und wie sehr man ihn genießt, gibt. Die Ausnahme ist, wenn man Leuten sagt, wie teuer der Wein ist, dann tendieren sie dazu, den teureren mehr zu genießen. Also trinken Sie Ihren Wein in Zukunft blind.

15:15Diese beiden Sachen sind unglaublich lustig -- aber ich glaube, sie geben einen wichtigen philosophischen Aspekt her, nämlich, dass wir in Zukunft mehr von dieser Art Wert benötigen. Wir müssen mehr Zeit damit verbringen, das wertzuschätzen, was bereits da ist, und weniger Zeit, uns damit abzuquälen, was wir sonst noch machen können.

15:27Zwei Zitate, mit denen ich mehr oder weniger schließen möchte. Eines lautet: "Lyrik ist, wenn man neue Dinge vertraut, und vertraute Dinge neu macht." Was keine schlechte Definition von unserer Aufgabe ist,Menschen zu helfen, das wertzuschätzen, was unvertraut ist, aber auch den Dingen einen weit größeren Wert beizumessen, die bereits da sind. Es gibt im Übrigen einige Anhaltspunkte, dass Dinge wie soziale Netzwerke dabei helfen können, indem sie Menschen helfen, Neuigkeiten miteinander zu teilen. Sie verleihen kleinen, trivialen Alltagsaktivitäten Renommee. Dabei wird also die Notwendigkeit, viel Geld öffentlich auszugeben, reduziert und die Art von Freude, die durch und mit Dritten kommt, kann durch die kleinsten, einfachsten Dinge im Leben erhöht werden. Das ist magisch.

16:02Das zweite Zitat ist von G. K. Chesterton und lautet: "Wir gehen zugrunde, nicht weil es uns an Wundern fehlt, sondern am Staunen." Ich glaube, dass dies für jeden, der mit Technologie arbeitet, absolut wahr ist. Und ein Letztes: Wenn man Dingen wie Gesundheit, Liebe, Sex und anderen Dingen einen großen Wert beimisst, und wenn man lernt, den Dingen, die man zuvor lediglich als immateriell und unsichtbarabgetan hat, materiellen Wert beizumessen, dann wird man erkennen, dass man reicher ist, als man es je geglaubt hätte. Haben Sie recht herzlichen Dank! (Applaus

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