Warum so viele Möbelverkäufer innerlich gekündigt haben und was Sie dagegen tun können

Warum so viele Möbelverkäufer innerlich gekündigt haben und was Sie dagegen tun können
Warum so viele Möbelverkäufer innerlich gekündigt haben - Thomas Witt

Wollen Sie wissen,

  • warum die meisten Veränderungsprojekte am Ende keinen Erfolg haben,
  • warum laut einer repräsentativen Gallup-Studie fast ein Viertel aller Arbeitnehmer innerlich gekündigt haben,
  • warum fast zwei Drittel aller Arbeitnehmer nur noch "Dienst nach Vorschrift" machen?
Emotional-ungebundene-mitarbeiter
Dann lesen Sie folgende Geschichte:

„Das Thema in der Führungskräfterunde der Möbelkette AG kam auf den Stand der Projektumsetzung des Hausleiters Maier. Das Durchsetzungsprogramm lief auf die gesamte Firma gesehen gut. 

Gerade die jüngeren Hausleiter und Führungskräfte begleiteten ihre Verkäufer aktiv bei den Verhaltensänderungen und änderten dabei selber das eigene Führungsverhalten. 

Die Abschöpfung war in den meisten Filialen schon um über 10% gestiegen. Nur über Herrn Maier hörten wir immer wieder, dass er sein Haus so führte, wie er es die letzten 30 Jahre schon gemacht hatte und „mit dem ganzen neumodischen Kram“ - wie er den neuen, menschlichen Führungsstil wohl nannte - nichts zu tun haben wollte. 

Das Resultat: Seine Verkäufer verkauften so wie immer und seine Führungskräfte kamen mit der Umsetzung auch nicht weiter.

Aber niemand hatte Herrn Maier das jemals klar gesagt - noch nicht mal der Inhaber oder sein Prokurist. Herr Maier war seit 30 Jahren im Unternehmen und „es würde zu viel Geld kosten, ihn loszuwerden.“ Als ob es zwischen schweigendem Tolerieren des Fehlverhaltens und einer Kündigung keine weiteren Möglichkeiten gäbe.

Jetzt sah es so aus, als ob wieder einmal geschwiegen würde. Herr Maier sagte, dass er ja erfolgreich sei, ein schönes Plus habe und den Laden nunmal auf seine Art führe (die aber nicht mehr der Unternehmensphilosophie entsprach). Ich schaute mich im Raum um, sah in die Augen des Prokuristen, der anderen Hausleiter und der Führungsmannschaft von Herrn Maier. Die meisten von ihnen hatten sich schon bei uns über seine Verweigerungshaltung beschwert.

Jeder von ihnen war klug, erfahren, kompetent und wusste genug, um Herrn Maiers Verhalten zu korrigieren. Sie alle kannten die Technik der konstruktiven Konfrontation. D.h. Sie wussten, wie man jemandem sagt, dass sein Verhalten nicht den Erwartungen entspricht und mit ihm zu erarbeiten, wie er es besser machen kann und zwar ohne Porzellan zu zerbrechen und Abmahnungen auszusprechen. 

Die Führungskräfte und Unternehmensleitung waren über zwei Jahre von uns trainiert worden, hatten das großartige Buch „Wie man Freunde gewinnt“ von Dale Carnegie gelesen und kannten die Werkzeuge, um zu kritisieren ohne zu verletzen. Sie wussten alles, was man braucht, um zu führen. Und Führung ist notwendig, wenn Unternehmensstandards nicht eingehalten werden und die Unternehmenspolitik nicht umgesetzt wird.

Also:

  • Warum führte niemand?
  • Noch nicht mal der Prokurist?

Die Antwort ist täuschend einfach: Es gibt einen riesigen Unterschied zwischen dem, was wir über Menschenführung wissen und dem, was wir als Führungskräfte tun.

Was Menschenführung schwierig macht, ist nicht die komplizierte Theorie - es ist die Umsetzung. Es geht nicht darum, zu wissen, was man in der Situation sagen oder tun sollte. Es geht darum, bereit zu sein, die Unsicherheit und das Risiko auf sich zu nehmen, was entsteht, wenn man das Wissen tatsächlich auf die Situation anwendet. Wenn man vom Wissen ins Tun kommt, reagieren auch die Anderen - und wir wissen nie genau wie.

Anders ausgedrückt ist die Herausforderung in der Führungsarbeit nie das Wissen und die Techniken, sondern die seelische Stärke und der Mut, diese auch anzuwenden.

Seelische Stärke bedeutet für Führungskräfte, wie ein Trainer aufmerksam am Spielfeldrand zu stehen. Zu beobachten, um zu bestärken, aber auch zu verbessern. Weder mit Anerkennung noch mit Verbesserungswünschen hinter dem Berg zu halten. Seelische Stärke bedeutet, von den anderen Abstand zu nehmen, ohne sich von ihnen abzutrennen. 

Es bedeutet bedingungslos hart in der Sache, aber weich zu den Menschen zu sein. 

Seelische Stärke bedeutet, den Menschen nicht mit seinem Verhalten zu identifizieren. Der Mensch ist in Ordnung so, wie er ist. Unsere Aufgabe ist es nur, ihn dabei zu begleiten, sein Verhalten zu verändern. Es gibt keine schlechten Mitarbeiter. Es gibt nur Mitarbeiter, die ein ungünstiges Verhalten an den Tag legen. Dieses gilt es, durch besseres Verhalten zu ersetzen - anstatt einfach den Mitarbeiter zu kündigen.

Eine Kündigung ist immer auch eine Kapitulation der verantwortlichen Führungskraft.

Seelische Stärke bedeutet, zu sprechen, wenn andere schweigen. Standhaft, ruhig und bestimmt die gemeinsamen Ziele zu verfolgen, auch wenn die Reaktion der anderen unsicher ist. Es bedeutet, produktiv auf Widerstand zu reagieren, ohne sich ablenken zu lassen, nachzugeben oder die gemeinsamen Standards aufzugeben. 

Seelische Stärke bedeutet, auch den Ärger eines Kollegen oder Mitarbeiters auszuhalten, ohne sich abzuschotten und weder defensiv noch aggressiv zu reagieren.

Das sind die Stärken, die einflussreiche Führungskräfte von schwachen unterscheiden. Und man kann sie nicht lernen, indem man ein Buch liest, ein Seminar besucht oder einen Persönlichkeitstest macht.

Seit 20 Jahren beschäftige ich mich damit, wie man Führungskräfte weiterentwickelt. Denn das ist die Vorraussetzung für jeden Unternehmenserfolg. Verkäufertraining ohne besseres Führungsverhalten ist rausgeschmissenes Geld. Menschen verhalten sich immer perfekt an ihre Umwelt angepasst. Wenn sich die Umwelt (die Führungskräfte und die Unternehmensleitung) nicht ändern, passen Mitarbeiter auch ihr Verhalten nicht an. 

Benjamin Franklin sagte dazu: „Ein gutes Beispiel ist mehr wert, als die beste Predigt.“

Ich habe mit Führungskräften vom Tagesseminar, über Kaminabende, 12-Monatskursen, individuellen Coaching-Programmen und Abenteuer-Lernaufgaben im Wald und Klettergarten schon alles ausprobiert (und vorher an mir selber ausprobiert).

Das Ziel jedes Führungstrainings ist es, Verhalten zu verändern. Nach einem Programm müssen die Teilnehmer anders auftreten, anders reden und die Dinge auf andere Art angehen, um bessere Ergebnisse zu produzieren. 

Denn wenn wir das tun, was wir immer getan haben, werden wir die Ergebnisse bekommen, die wir immer bekommen haben. Und auch das nur im unwahrscheinlichen Fall, dass sich die Umwelt nicht verändert. 

Nach dem Kriterium der überprüfbaren Verhaltensänderung hat vieles von dem, was wir tun - und was ich andere Trainer tun sehe - versagt. Klar, die Trainings machen Spaß. Sowohl den Teilnehmern, als auch uns. Sie vermitteln viele gute, von Forschung und Erfahrung bestätigte Werkzeuge. Aber sie bestehen den Test nicht, indem sie sichtbare, messbare, nachhaltige Verhaltensänderungen bewirken, die zu besseren Resultaten nach dem Programm führen. Denn niemand begleitet die Führungskräfte dabei, die neuen, unbequemen und unsicheren Werkzeuge auch anzuwenden. 

Umsetzung ist in vielen Firmen optional und dem einzelnen Mitarbeiter überlassen. 

Mir wurde klar, dass wir die falschen Dinge auf die falsche Art vermittelten.

Wenn die wirkliche Herausforderung für Verhaltensänderung seelische Stärke ist, dann müssen wir den Menschen seelische Stärke beibringen. Menschen verhalten sich in Übereinstimmung mit dem Bild, das sie selbst von sich haben. Wenn wir wollen, dass Menschen sich anders verhalten, müssen wir ihnen helfen, sich selbst anders zu sehen. 

Es hilft nicht, nur etwas über Kommunikation zu lernen. Man muss es tun, um zu lernen. Im Moment der Entscheidung, wenn der Druck am stärksten ist und das Bauchgefühl einem sagt, dass man es bloß bleiben lassen sollte. Es hilft nicht, auf den Chef zu warten oder darauf, dass sich die Situation vielleicht von selber ändert oder darauf, dass der Mitarbeiter vielleicht irgendwann von selber geht. 

Bei allem was ich ausprobiert habe, haben zwei Wege gut funktioniert:

1. Das Führungstraining in ein Veränderungsprojekt zu integrieren.

Erst war die Anwendung, dann die Technik. Die meisten Führungstrainings vermitteln die Techniken und Werkzeuge der Menschenführung in einem sicheren Konferenzraum an hypothetischen Fällen. 

Die Führungsrunde der Möbelkette AG ist dafür ein perfektes Beispiel. Die Führungskräfte haben die Herausforderung, ein Durchsetzungsprogramm umzusetzen mit messbaren Resultaten und klar beschriebenen Verhaltensänderungen und erhielten während dessen die Werkzeuge, die sie gerade für die Umsetzung brauchten. Dies war eine wirkliche Besprechung und hier wurde echte Führungsarbeit gemacht. Der Unterschied war nur, ich war dabei. Wir arbeiteten schon seit 12 Monaten zusammen. Ich kannte die Stärken und die Schwächen jedes Teilnehmers. 

Ich leitete eine Pause ein, erinnerte einzelne Teilnehmer an ihre Äußerungen über das Verhalten des Kollegen Maier und sprach mit ihnen über die Konsequenzen ihres Schweigens. „Was brauchen Sie noch, um das Thema konstruktiv anzusprechen?“.

Was ich nicht tat (aber vor Jahren vielleicht noch getan hätte): Das Problem selber anmoderieren. Mit der Arbeit hätte ich ihnen auch die Wachstumschance abgenommen und das darf ein guter Trainer nicht. Ein Fußballtrainer darf auch nicht aufs Spielfeld laufen. 

Sie mussten lernen, inakzeptables Verhalten anzusprechen. Und sie mussten lernen, es in einer Art zu tun, die Herrn Maier nicht in die Defensive oder vor ein Arbeitsgericht treibt. Wir hatten konstruktive Konfrontationen zig mal im Trainingsraum besprochen und geübt. Aber das bringt noch gar nichts. Sie selber mussten es anwenden, in Echtzeit, mit richtigen Kollegen und dabei reale Probleme ansprechen.

2. Menschenführung in einer Art zu trainieren, die seelische Stärke verlangt.

Wenn wir unsere Sicherheitszone nicht verlassen müssen, werden wir auch nicht stärker. Die meisten Führungsprogramme finden in einem „sicheren Rahmen“ statt. Es geht nicht um reale Durchsetzung, Ziele und Verhaltensänderung, sondern um Rollenspiele. 

Aber das ist ein Fehler.

Der einzige Weg, seelische Stärke und Mut zu vermitteln, ist, mutiges Verhalten von Menschen zu verlangen. Ihnen Möglichkeiten zu bieten, Verhalten außerhalb ihrer eigenen Sicherheitszone auszuprobieren, in realen Situationen, die ihnen unangenehm sind. Nur so können sie erfahren, wie es sich anfühlt, wenn man Dinge tut, die man noch nie getan hat. Und meistens ist weder das Gefühl, noch die Reaktion der Umwelt besonders schlimm. Aber darüber zu reden hilft nicht. Tun ist das einzige was wirklich hilft.

Rollenspiele sind gut zum Üben, ersetzen aber nicht die reale Auseinandersetzung. Die meisten Programme ermitteln die Meinung der Mitarbeiter nur durch anonyme Befragungen. Das ist sicher für alle.

Wir ermutigen unsere Teilnehmer, jeden ihrer Mitarbeiter persönlich zu fragen, was sie verändern sollen und welche Wünsche er an sie als Führungskraft hat. Das erfordert Mut sowohl von der Führungskraft, die der Rückmeldung mit gemischten Gefühlen entgegensieht, wie auch von dem Mitarbeiter, der vielleicht zum ersten Mal seinen Chef/Chefin offen kritisieren soll. 

Bei unseren Kunden geben sowohl Führungskräfte, wie auch Verkäufer sich gegenseitig Rückmeldung darüber, was gut klappt und was noch besser geht. In Echtzeit, Auge in Auge, auf der Basis von dem, was sie bei den anderen an geändertem Verhalten während des Durchsetzungsprogramms beobachten. Nur eins darf in Veränderungsprojekten nicht vorkommen: dass Menschen ihr Verhalten gar nicht ändern.

Je mehr Risiken sowohl Führungskräfte wie auch Verkäufer während des Durchsetzungsprogramms eingehen - sich lächerlich machen, harte Wahrheiten kommunizieren, harten Wahrheiten zu hören, neues Verhalten ausprobieren - desto mehr werden sie diese Risiken auch später, nach dem Programm, eingehen, wenn es am meisten drauf ankommt.

Denn wenn die Verhaltensänderungen nur von unbequemen Trainern getragen werden, schlafen sie ein, sobald diese weg sind. 

Verhaltensänderungen müssen permanent von allen und für alle eingefordert werden, damit das Unternehmen nachhaltig auf höherem Niveau operiert.

Als wir aus der Pause wieder in die Führungsrunde der Möbelkette AG zurückkamen, änderte der Prokurist die Agenda und verlangte nochmal über den Stand der Umsetzung im Haus von Herrn Maier zu sprechen. Herr Maier, der dreimal so lang im Unternehmen war wie der Prokurist, sagte in bestimmtem aber gereiztem Ton: „Alles läuft bestens. Ich habe doch schon berichtet und die Zahlen stimmen!“ 

Es war still im Raum und ich konnte fühlen, wie sich die Spannung immer mehr steigerte. Jetzt ist der Moment, dachte ich mir, das ist der härteste Moment im Durchsetzungsprogramm, die DurchsetzungWird jemand Herrn Maier mit seinem Verhalten konfrontieren?

Endlich sprach der Inhaber, der in der Pause still zugehört hatte und vom Vorpreschen seines Prokuristen beeindruckt war. Dann sprachen die Führungskräfte, die unter Herrn Maier arbeiteten.

Die Aussprache die folgte war respektvoll, nach allen Regeln der konstruktiven Konfrontation, gekonnt und stark.

Das ist Führung. Das ist seelische Stärke. Und nur indem man diesen Muskel beansprucht, werden starke Führungskräfte entwickelt.“

Wenn Sie sich jetzt erschreckt fragen, warum ich die Geheimnisse Ihres Unternehmens ausplaudere - entspannen Sie sich! Dies ist eine fast wörtliche Übersetzung eines Artikels von Peter Bregman „Why So Many Leadership Programs Ultimately Fail“, der im Harvard Business Review erschienen ist. 

Warum aber kommt Ihnen die oben geschilderte Situation so bekannt vor? Weil sie in jedem Unternehmen, auf allen Stufen, jede Woche wieder vorkommt. Fehlverhalten von Inhabern, Führungskräften, Verkäufern und anderen Mitarbeitern wird nicht angesprochen, weil die Betroffenen nicht wissen wie, sich nicht trauen, oder sich einfach nicht dazu aufraffen können. Das Resultat ist eine Distanzierung vom Arbeitsplatz. Eine repräsentative Umfrage der Gallup-Organisation, der „Gallup-Engagement-Index“ ergab, dass fast ein Viertel (23%) aller Arbeitnehmer innerlich gekündigt haben. Und Menschen mit „geringer emotionaler Bindung an die Firma“ (Gallup-Sprache für die „Sch..ß egal!-Haltung) machen fast zwei Drittel (63%) der Arbeitnehmerschaft aus.
Das liegt nicht an dem unter Arbeitgebern und Chefs viel beklagten Verlust von Grundwerten und Motivation bei den Mitarbeitern. Die selbe Gallup-Studie ergab,
  • dass 71% aller Arbeitnehmer auch weiterarbeiten würden, wenn sie aufgrund einer Erbschaft genug Geld für den Rest ihres Lebens hätten
  • Seltsamerweise sind trotzdem 91% der Befragten zufrieden mit ihrem Job, und dass, 
  • obwohl 81% überhaupt keine oder eine geringe emotionale Bindung an Ihre Firma haben.

Das zeigt meiner Meinung nach eine tiefe Abneigung dagegen, nicht erfüllte Erwartungen und Missstände klar anzusprechen.

Wir haben ein Führungsproblem, kein Motivationsproblem - und zwar bei Mitarbeitern und Chefs gleichermaßen! Wenn Sie noch kein Jahresgespräch mit Ihrem Chef geführt haben, lesen Sie jetzt meinen Artikel: „7 Fragen, die Sie Ihrem Chef zum Jahresanfang stellen sollten". Und dann führen Sie das Gespräch! Diese Woche noch. 

Besser schnell angefangen als perfekt gezögert! 

 

Klären Sie die gegenseitigen Erwartungen: offen aber respektvoll, hart in der Sache aber weich zur Person.

Viel Spaß bei den neuen Erfahrungen!

TWC-blog__Selbstpoträt,_nett
Ihr Thomas Witt

Generic-Managers-LG

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