Viel vorgenommen und wenig umgesetzt?
“Ich wünsche mir mehr Selbstvertrauen.”, sagte mir neulich ein Unternehmer, den ich coache. “Können Sie das mit mir trainieren?”
“Wie sollte ich das mit Ihnen trainieren?”, fragte ich zurück. “Ich vertraue Ihnen doch schon. Sie überweisen jeden Monat meine Rechnung, rufen mich pünktlich zu unseren Coachinggesprächen an und schicken mir immer die Vorbereitungs-Email. Sie tun alles, was wir vereinbart haben.”
“Was hat denn das mit Selbstvertrauen zu tun?”, kam die Gegenfrage meines leicht genervten Kunden.
Selbst-Vertrauen ist genau das, was das Wort sagt: Vertrauen in sich selbst. Wie entsteht Vertrauen in uns selbst? Genauso wie Vertrauen zwischen Menschen. Jedes Mal, wenn wir das tun, was wir gesagt haben, werden wir für unsere Umwelt vertrauenswürdiger. Jedes Mal, wenn wir nicht das tun, was wir gesagt haben, verlieren wir Vertrauen.
Genauso funktioniert Selbstvertrauen. Es ist nicht angeboren. Es wächst auch nicht auf Bäumen. Menschen mit Selbstvertrauen vertrauen sich selbst, weil sie sich bewiesen haben, dass sie das tun, was sie sich vorgenommen haben.
Jetzt gehen viele Menschen mit dem Vertrauen in sich selber wesentlich schlampiger um als mit dem Vertrauen ihrer Umwelt. Sie sagen sich z.B.: “Ab morgen trinke ich zum Abendessen keinen Wein mehr.”, nur um sich am nächsten Abend, wie durch Geisterhand getrieben, wieder eine Rotweinflasche öffnen zu sehen. Sie nehmen sich vor, regelmäßig zu laufen, bleiben aber schon am zweiten Morgen wieder im Bett.
Ich fragte meinen Unternehmer, wann er das letzte Mal sein Versprechen gegenüber einem Menschen gebrochen hatte, und er musste schwer nachdenken. Als ich ihn fragte, wann er sich etwas fest vorgenommen hatte, nur um es dann nicht zu tun, fing er an, eine ganze Liste runterzurattern.
“Was kann ich also tun, um mein Selbst-Vertrauen selber aufzubauen?”, fragte mein Coaching-Kunde, der über eine extrem schnelle Auffassungsgabe verfügt.
“Machen Sie sich selber Ansagen und halten Sie diese ein. Fangen Sie dabei klein an.”, war meine kurze Antwort. Da er noch immer nicht recht zufrieden schien, schrieb ich den folgenden Artikel.
Mit kleinen Gewohnheiten können Sie Ihr Leben für immer verändern
Sie, lieber Leser, verkaufen vermutlich Möbel. Ich verkaufe Verhaltensänderung, seit über 15 Jahren und mit wachsendem Erfolg. Der Wahlspruch meiner Firma ist
“Wenn Du das tust, was Du immer getan hast, wirst Du das bekommen, was Du immer bekommen hast.”
Und meine Kunden, deren Führungskräfte, Verkäufer und auch ich - wir wollen alle andere, bessere Ergebnisse.
Aber Verhalten zu verändern ist schwierig. Die einzige Methode die funktioniert ist die schrittweise Veränderung von kleinen Gewohnheiten, die in der Summe das Verhalten ausmachen, das man ändern will.
Oft scheiterte ich persönlich daran, dass ich mir zu große neue Gewohnheiten auf einmal vornahm, z.B. jeden Tag eine Stunde zu meditieren. Als ich mir nur 10 Minuten vornahm, war es mit einem Mal ganz einfach und mit ein paar weiteren Zwischenschritten war ich innerhalb kürzester Zeit bei einer Stunde Meditation pro Tag. Ein Ziel, das ich vorher über Jahre vergeblich versucht hatte zu erreichen.
Nur drei Dinge können Verhalten dauerhaft verändern:
1. eine Erleuchtung
2. eine Veränderung der Umgebung
3. kleine “Babyschritte” in die richtige Richtung
Erleuchtungen sind eher selten. Ich persönlich hatte in 47 Jahren noch keine, die mein Verhalten dauerhaft geändert hat. Man kann sie auch nicht auf Befehl herbeiführen. Zumindest habe ich dafür noch keinen seriösen Weg gefunden. Ein Hausleiter, den ich kannte, hat mit größeren Mengen Absinth experimentiert. Er berichtete mir auch begeistert von großen Erleuchtungen, die er mir aber nie richtig erklären konnte ;-) Der Ansatz ist also nicht zu empfehlen.
Daher müssen wir uns auf die anderen beiden Wege verlassen. Diese funktionieren äußerst zuverlässig und praktisch, wenn man einem bewährten Prozess folgt. Ein solcher Prozess sind die “Drei kleinen Gewohnheiten”.
Die Systematik der “Drei kleinen Gewohnheiten” (“3 Tiny Habits”) geht auf das Schaffen des Stanford-Professors BJ Fogg zurück. Wenn Sie Englisch verstehen, sollten Sie unbedingt den kostenlosen Online-Kurs absolvieren. Sie werden die drei kleinen Gewohnheiten nicht mehr missen wollen.
Das Ziel dabei ist es, sozusagen den "Gewohnheitsmuskel" zu stärken und die Techniken zu lernen, mit denen man Gewohnheiten verändert. Es kommt hierbei nicht auf die Tragweite der Gewohnheiten an, die wir angehen.
Warum nicht? Neue Gewohnheiten zu lernen, ist eine Fähigkeit wie z.B. das Eiskunstlaufen. Wenn Sie direkt mit einem doppelten Rittberger anfangen, fallen Sie auf die Nase und verlieren schnell die Lust an diesem schönen Sport. Stattdessen üben neue Eiskunstläufer langsam und in kleinen Schritten zunächst mal Übungen, die sie niemandem zeigen können - einfach nur um die Technik zu erlernen. Boxer verbringen einen großen Teil ihrer Zeit mit Seilspringen.
In der ersten Stufe ist es daher nicht wichtig, welche neuen Gewohnheiten Sie lernen, sondern nur, dass Sie die Technik lernen, mit denen Sie sich beliebige neue Gewohnheiten aneignen können. Jede neue Gewohnheit, die wir uns aneignen - und sei sie auch noch so klein, stärkt das Selbst-Vertrauen.
Was ist eine “kleine Gewohnheit”?
Nach der Definition von BJ Fogg (d.h. nach der, die funktioniert), ist das ein Verhalten, dass
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wir mindestens ein mal pro Tag ausführen,
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das weniger als 30 Sekunden (!) in Anspruch nimmt,
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das wenig Anstrengungen erfordert.
Z.B.: “Ich werde jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen einen Zahnzwischenraum mit Zahnseide bearbeiten.”
Aus der Einfachheit kommt dabei die Stärke. Einfaches Verhalten können Sie in späteren Wochen natürlich ausbauen (z.B. auf alle Zähne erweitern).
Hier ein paar Beispiele für kleine Gewohnheiten. Beachten Sie die Formulierung “Nachdem …”
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"Nachdem ich mir abends die Zähne geputzt habe, lege ich die Jogging-Klamotten bereit.”
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“Nachdem ich auf Toilette war, mache ich zwei Liegestützen (oder Kniebeugen)”.
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“Nachdem ich mein Büro betrete, nehme ich ein Ding, das nicht an seinem Platz ist, und ordne es weg.”
Die Tätigkeiten, die vor der neuen Gewohnheit kommen, sind die Auslöser. Es handelt sich um Dinge, die in unserem Tagesablauf sowieso zuverlässig vorkommen und wir nutzen diese, um uns an neues Verhalten zu erinnern.
“Warum nimmt der sich so einfache Dinge vor?”, fragen Sie sich jetzt vielleicht. “Ich kann ja auch mein ganzes Büro schnell aufräumen oder auch mehr als zwei Liegestützen machen.” Ganz einfach: Je einfacher ein neues Verhalten ist, desto weniger kommt es auf Ihre Motivation an.
“Was stimmt denn nicht mit meiner Motivation?”, geht Ihnen jetzt vielleicht durch den Kopf?
Motivation ist unzuverlässig, tagesformabhängig und nicht gut steuerbar. Wenn wir auf Motivation angewiesen wären, um uns die Zähne zu putzen, hätten wir alle schon keine mehr.
Motivation und Disziplin sind die am meisten überschätzten Ressourcen. Je besser es uns geht (z.B. am Sylvesterabend), desto stärker schätzen wir unsere eigene Motivation ein und nehmen uns dementsprechend viel vor, nur um dann gleich am Neujahrstag mit dickem Kopf wieder aufzugeben.
Beachten Sie auch, dass die neuen, kleinen Gewohnheiten zu einem genau definierten Zeitpunkt kommen - nämlich nach einer bestehenden Gewohnheit. Diese Auslöser-Gewohnheit, auch “Anker” genannt, sollte sowieso in unserem Tagesablauf vorkommen. Die Methode nutzt einen bestehenden Anker, um zuverlässig eine kleine Verhaltensänderung auszulösen.
Dieser Auslöser ist wichtig. Alles Verhalten, das wir auf “Autopilot” ausführen, kommt nach irgendetwas in unserem Leben, z.B.: “Nachdem ich aufstehe, putze ich mir die Zähne”. Um neues Verhalten zu erlernen, müssen wir klar definieren, welcher Anker es auslösen soll.
Meine eigenen “Drei kleinen Gewohnheiten”
Diese Woche arbeite ich an drei Gewohnheiten:
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Nachdem ich die Toilettenspülung betätigt habe, mache ich den Klodeckel zu. (Macht meine Frau glücklich).
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Nachdem ich mir die Zahnbürste in den Mund gesteckt habe, stelle ich mich fünfmal auf die Zehenspitzen. (Stärkt meine Wadenmuskeln).
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Nachdem ich morgens aus dem Schlafzimmer komme, mache ich den Sonnengruß. (Eine Abfolge von Yoga-Übungen, die mich wach, beweglich und fit für den Tag macht).
Ich tue das so lange, bis diese neuen Verhaltensweisen automatisch stattfinden. Denn genau das ist die Definition einer Gewohnheit - automatisches Verhalten.
Das sind alles keine großen Dinge, aber nützlich für mein Leben. Und sie dienen als Training für den “Gewohnheitsmuskel”. Durch diese Technik lernen wir immer besser, was funktioniert und was nicht und wenn wir dann wirklich eine große Gewohnheit vor der Brust haben, z.B. mit dem Joggen anfangen oder mit dem Rauchen aufhören, wissen wir wie’s geht und sind im Training.
Außerdem steigern wir mit jeder kleinen Gewohnheit, die wir uns aneignen, systematisch unser Selbst-Vertrauen. Das hat also nur Vorteile!
Was hat das mit dem Möbelverkaufen zu tun? Ganz einfach: Wenn Sie Möbelverkäufer sind und mehr verkaufen wollen, müssen Sie Ihr Verkaufsverhalten verändern.
Wenn Sie eine Führungskraft im Möbelhandel sind und wollen, dass Ihre Möbelverkäufer besser verkaufen, so müssen Sie ihnen helfen, ihr Verhalten anzupassen. Dazu müssen Sie auch Ihr eigenes Führungsverhalten verändern. Denn wenn Sie Ihre Art zu führen nicht ändern, ändern Ihre Mitarbeiter auch nichts.
Verhaltensänderung ist also die Voraussetzung für Umsatzwachstum im Möbelhandel, es sei denn, Sie fahren stumpf immer mehr Werbekanonen auf.