Wird es in 2030 noch Möbelverkäufer geben?

Wird es in 2030 noch Möbelverkäufer geben?

Wird es in Zukunft noch Möbelverkäufer geben_

Nach meinem letzten Artikel über die Zukunft des Möbelhandels schrieb mir ein Leser: "Könnten Sie mal einen Tip dazu abgeben, wie mein Arbeitsplatz als Möbelverkäufer in 10 Jahren aussieht."

Hier also mein Blick in die Kristallkugel des Wahrsagers. Ich beziehe meine Prognose aus der Analyse des Konzentrationsprozesses im Möbelhandel der letzten Jahre und aus den Trends im Bereich Konsumentenverhalten und technologische Entwicklung, die jeder wahrnehmen kann.

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Um zu verstehen, wie sich die derzeitigen Entwicklungen am Markt auf den Arbeitsplatz eines Einrichtungsberaters/Möbelverkäufers auswirken wird, müssen wir uns drei Faktoren anschauen:

1. Das Konsumentenverhalten des Möbelkunden im Informationszeitalter

Es wird geschätzt, dass in 5 Jahren über 80% des Verkaufsprozesses stattgefunden haben wird, bevor der Kunde das Möbelhaus betritt. Der Kunde wird den Laden i.d.R. mit einem Termin und nach elektronischer Korrespondenz betreten. Er hat eine Vorauswahl auf seinem Handy oder ausgedruckt dabei und er stellt Fragen wie: „Was sind die Vorteile von Modell X in Ledergruppe Y gegenüber …Wie sieht das bei mir zu Hause aus? Und warum sollte ich gerade in Ihrem Möbelhaus kaufen?“. Einfach auf Besucher zu warten, denen man Möbel zeigen kann, ist ein Job, der vom Aussterben bedroht ist.

Der größte Jobkiller für Einrichtungsberater stellt die von der Informationstechnologie getriebene Veränderung im Einkaufsverhalten dar. Es gibt mittlerweile 3-D Brillen, die an Planungsprogramme für hochwertige Bäder angeschlossen sind. Der Kunde bespricht mit dem Möbelverkäufer am Schreibtisch seine Vorstellungen und sein Budget und schickt elektronisch sein 3-D vermessenes Bad durch. Die Technologie für 3-D-Aufmaße wird in den nächsten 1-3 Jahren so billig und einfach werden, dass der Kunde einfach nur einen Messball im Raum hochwirft und dieser den kompletten Raum dreidimensional ausmisst. Der Planer plant und führt den Kunden durch sein zukünftiges Bad. Die Darstellung verändert sich mit jedem Schritt und mit jeder Kopfbewegung des Kunden. Jede Frage des Kunden („Wie würde das in beige aussehen?“) wird mit wenigen Klicks im Planungsprogramm beantwortet. 

Diese Art der Beratung benötigt weder eine große Ausstellung noch dutzende von Möbelverkäufern, die wartend darin rumstehen. Diese Technologie wird in den nächsten 2-5 Jahren für den Küchenverkauf Standard werden und dann auf das Vollsortiment überspringen. 

Da 80% des Einkaufsprozesses sowieso vor Betreten des Möbelhauses stattfinden werden, wird das Anforderungsprofil an Einrichtungsberater sich völlig ändern. Die wenigen noch verbleibenden Möbelberater sind Kommunikationsexperten und agieren perfekt elektronisch wie auch von Angesicht zu Angesicht. Möbel zeigen und dazu etwas zu erzählen, gehört in 10 Jahren kaum noch zum Berufsbild. Da ein Großteil der Beratung und Planung online stattfindet, sind auch die Zeiten des Wartens auf der Fläche vorbei. Die Kunden kommen mit Termin und vorinformiert. Zur Zeit braucht der Möbelhandel nur so viele Verkäufer, weil die Besucher oft zeitlich gehäuft und wenig vorhersehbar ins Haus laufen. Dabei hat ein Möbelverkäufer pro Tag im Durchschnitt weniger als 2 Stunden einen Kunden vor sich. Der Rest der Zeit vergeht mit Warten und Nebentätigkeiten. Diese Ineffizienzen werden durch Auslagerung des Informationsprozesses ins Internet, bessere Planungsprogramme und Kunden, die vorwiegend auf Termin kommen, völlig verschwinden. 

2. Der Marktanteil von IKEA, Roller, Poco, Boss, Tejo etc.

Hier werden in Zukunft nur noch sehr wenige und niedrig qualifizierte Verkäufer gebraucht werden. Bei IKEA kann man jetzt schon seine Waren ohne jeden Verkäuferkontakt aussuchen, abholen und bezahlen. Das bedeutet, dass IKEA mit wesentlich weniger Einrichtungsberatern auskommt, als der klassische Möbelhandel.

Die Discounter werden sehr schnell ähnliche Systeme einführen. Denn einfach um ein Preisschild einzugeben und dem Kunden einen Abholschein auszudrucken, sind Menschen auf Dauer zu teuer. SB-Terminals und RFID-Chips an der Mitnahmeware werden zu einem menschenlosen oder menschenarmen Verkaufsprozess in diesen Formaten führen. Da IKEA seinen Marktanteil in den kommenden 5-10 Jahren auf 25% ausbauen und damit verdoppeln will (und unserer Meinung nach ausbauen wird) und die Diskounter der Steinhoff/Lutz Gruppe (Poco) und der Tejo-Gruppe, getrieben von ihren kapitalstarken Mutterfirmen, gnadenlos expandieren, werden klassische Möbelverkäufer in 40-50% des Möbelhandels bald nicht mehr gebraucht. 

3. Den Marktanteil des Internets am Möbelverkauf 

Wie wird sich der direkte Internetvertrieb für Möbel entwickeln? Eine wichtige Frage für Möbelverkäufer, denn hier werden überhaupt keine klassischen Einrichtungsberater mehr gebraucht.

Durch den Internethandel sehe ich das geringste Problem für die direkte Verdrängung von Umsatz und Arbeitsplätzen. Das Internet jagt dem stationären Handel zur Zeit weniger Umsatz als vielmehr Marge ab, indem es Möbelverkäufern (und ihren Chefs) wahnsinnige Angst macht und diese in Schockstarre fallen lässt. Wenn ein Kunde das Möbelhaus mit einem Internet-Angebot betritt, bekommt der damit konfrontierte Möbelverkäufer entweder so schlechte Laune, dass er ihn einfach vergrault oder er bekommt so einen Schreck, dass er den Preis stumpf unterbietet, was in den meisten Fällen gar nicht nötig ist.

Meiner Meinung nach wird der Anteil des Internetvertriebs am Möbelverkauf gar nicht so stark wachsen wie viele stationäre Möbelhändler befürchten. Selbst im Buchhandel, dessen Produkt sich wesentlich besser für den Vertrieb im Internet eignet als Möbel, hat dieser Vertriebsweg nur einen Marktanteil von 28%.

Die einzigen stationären Möbelhändler, die in 10 Jahren in signifikantem Maße über das Internet verkaufen werden, sind IKEA, die bundesweit agierenden Filialisten und die großen Discounter-Ketten. Denn diese haben die flächendeckende Lagerlogistik und einfache, zum Teil flachverpackte und gelagerte Ware, die für ein profitables Internet-Geschäft wichtig ist. Der ganze Rest des stationären Möbelhandels, einschließlich der regionalen Boliden wie Segmüller und Co. werden sich mit einem blauen Auge aus dem direkten Internet-Vertrieb zurückziehen.

Über das Internet und die Sozialen Medien werben, kommunizieren, sich positionieren, informieren und beraten, muss aber in Zukunft auch das kleinste Möbelhaus.

Wie groß wird der Umsatzanteil des Internets am Möbelhandel in 10 Jahren denn sein? IKEA will in 10 Jahren nur 10% seines Umsatzes über das Internet abwickeln. Dabei sehen sowohl die Chefs wie auch die nicht umsatzabhängig bezahlten Verkäufer das Thema „Multi-Channel“ völlig entspannt und wertfrei. Neben IKEA wird es vermutlich noch in jeder großen Kategorie (Sofas&Sessel, Schwebestürenschränke, Boxspringbetten etc.) einen Warengruppenspezialisten geben.

Was ist also meine Zukunftsvision für Möbelverkäufer 2025?

Es wird auch in Zukunft noch Möbelverkäufer geben, es werden aber

  • weniger als die Hälfte sein und

  • sie werden andere Dinge tun als jetzt.

Auf Kunden warten, bei Bedarf Möbel zeigen und dazu etwas zu erzählen ist eine Aufgabe, die das Internet übernehmen wird. Wie in dem hervorragenden kleinen Film "Wird es in 15 Jahren noch Verkäufer geben?" beziehen Möbelverkäufer ihre Existenzberechtigung im nächsten Jahrzehnt vor allem aus extrem ausgeprägte menschliche Fähigkeiten und nicht mehr durch Warenwissen. Das mechanische "Kann ich Ihnen helfen?", "Leder oder Stoff?", "Kombination oder Ecklösung?", "Ich zeige Ihnen mal etwas." ist in Zukunft nicht mehr gefragt.

Der Film endet mit den Worten "Wenn Sie sich wie eine Maschine verhalten, werden Sie auch durch eine ersetzt.". Das glaube ich auch.

Möbelverkäufer-die-sich-wie-roboter-verhaltenSoweit meine Prognose, die natürlich überhaupt nicht stimmen muss. Sicher ist nur eins: In den kommenden 10 Jahren wird sich der Möbelhandel dramatisch verändern. 

Wir, die Firma Thomas Witt Consulting, wissen auch nicht besser, wohin die Trends laufen werden. Aber wir sind gut darin, die richtigen Fragen zu stellen und kreative, offene und produktive Diskussionen anzustoßen. Das ist eine unserer Kernkompetenzen. 

 
 
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Ihr Thomas Witt

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